Sonntag, 4. März 2018
Schreiben
Ich habe mitbekommen, dass einige von Euch regelmäßig (täglich!) in den Blog schauen und dann Emails schreiben um nach dem nächsten Eintrag zu fragen (wenn nicht pünktlich zum Wochenende etwas hochgeladen wird).
Das mit den Unregelmäßigkeiten liegt zum größten Teil daran, dass ich nicht nur hier schreibe.
Tatsächlich besitze ich drei verschiedene Bücher, in die ich regelmäßig schreibe. Darum kommt dieser Blog an manchen Wochenenden einfach zu kurz.

Zum einen habe ich, was man traditionell als Tagebuch versteht. Darin schreibe ich, wenn mich etwas beschäftigt und mich nicht zur Ruhe kommen lässt. Ich klebe dort auch Fotos und Tickets etc. hinein. In Deutschland habe ich das schon oft versucht, aber nie durchgezogen. Hier funktioniert es irgendwie, auch wenn es teilweise ein dreisprachiges Kauderweltsch ist...
Dann habe ich ein Buch, das mir Oma W. vor einer Weile geschenkt hat. "A few lines a day" oder: "Ein paar Zeilen am Tag". Dort ist jeden Tag ein bisschen Platz, Gedanken festzuhalten. Ich blättere gern darin um zu sehen, was ich vor ein oder zwei Jahren gemacht und gedacht habe. Irgendwann werden darin fünf Jahre festgehalten sein. Bisher habe ich nicht einen Tag ausgelassen!
Zu guter Letzt habe ich noch ein kleineres Büchlein, in dem ich jedes Buch notiere, das ich gelesen habe. Titel, Autor, Kurzbeschreibung und ein paar Dinge, die ich nicht vergessen will.

Ich bin also nicht schreibfaul, ganz im Gegenteil! Ich schreibe jeden Tag! Nicht nur Wörter an Tafeln und Korrekturen in Aufsätze, sondern Texte, Gedanken und Erlebnisse. Zugegeben, manchmal ist auch eine halbe Seite dabei auf der nur sehr groß "WAAAHHHHH! ICH LIEBE MUSIK!!!!!!" steht, aber das muss auch sein, finde ich.
Das will ich euch aber ersparen, so spannend und literarisch wertvoll sind diese Ergüsse nicht. Darum landet nicht alles im Blog. Aber ich halte euch natürlich gern auf dem Laufenden, weshalb ich oft, aber eben nicht immer hier schreibe.

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Klippenwanderung statt Sprachenaustausch
Eine Kollegin und ich haben beschlossen, einen „Sprachaustausch“ zu veranstalten, weil sie Deutsch und ich Italienisch lernen will. Da sie in Marina di Ragusa am Meer wohnt, habe ich beschlossen, sie am Samstag besuchen zu fahren. Da es aber keine Busse nach Marina gibt (zumindest nicht von Modica aus) bin ich Donnalucata gefahren, ein anderer Küstenort, der ganz in der Nähe ist.
Der Busfahrer ist in seinem alten deutschen Nahverkehrsbus die Serpentinen in einem Tempo runtergeprescht, dass ich ab und zu Sorge hatte, dass wir wortwörtlich über das Ziel hinausschießen und aus der Kurve fliegen. Aber Ich bin sicher angekommen. Allerdings 35 Minuten schneller, als es das Internet angekündigt hatte, weshalb ich zum Warten eine Weile am menschenleeren Strand spazierengehen konnte.



Wenn im Winter keine Touristen da sind, kümmert sich niemand um den Strand, weshalb dort unglaublich viel Müll lag. Irgendwo habe ich einmal gelesen, dass die Welt ganz anders aussehen würde, wenn jeder Mensch auf seinem Strand- oder Waldspaziergang sieben Müllstücke mitnehmen und vernünftig entsorgen würde. Also habe ich die größten Teile, die ich finden konnte, entsorgt. Ich finde es einfach unverantwortlich, einen ganzen Strand so verkommen zu lassen, nur weil er drei Monate lang keine Touristen anlockt. Den Leuten hier ist einfach nicht klar, dass der ganze Dreck im Meer, dann in den Tieren und somit sogar auf ihrem Teller landet!
Aber zurück zum Samstag, das hier ist kein WWF-Beitrag.
Meine Freundin M hat mich dort getroffen und wir sind in einen Eisladen gegangen, wo es Eis aus saisonalem, regionalem Obst gibt. Wir haben uns also mit unserem hausgemachten Gelato auf den Weg gemacht, die drei nennenswerten Straßen der Stadt zu erkunden.
Nach zehn Minuten waren wir wieder am Auto und sind zu Klippen gefahren, deren Name das italienische Wort für „zerbrechen“ oder „auseinanderfallen“ ist. Man konnte gut sehen, warum. Der salzige Wind frisst sich durch das Gestein und macht es porös und rissig, wodurch ständig Brocken unterschiedlichster Größe abbrechen und ins Meer fallen. Durch einen engen Felsspalt, der mich an unseren Tschechienurlaub vor vielen Jahren erinnert hat, sind wir bis fast ans Wasser gekommen.

Hier muss man nach unten klettern, wenn man ans Wasser will.

Trotz der drohenden Regenwolken haben wir eine kleine Wanderung angetreten. Immer am Wasser entlang. Über Klippen und Geröll. Dazu das Geräusch der Wellen und der Gischt, die auf die Felsen trifft. Und ein bedrohliches, tiefes Etwas, ein Klang, der Donner oder nur der Wind hätte sein können. Und wir mittendrin. Auf der einen Seite das Meer, auf der anderen verwilderte Landschaft, nur hier und da von einer hüfthohen Steinmauer durchzogen.



Wir haben wilde Kapernpflanzen gesehen. Und Thymian. Und Agaven. Und Buchten, die aussahen, als würden dort nachts Piraten ihre Schätze verbuddeln.



Über eine andere Route, durch die verwilderte Landschaft, über Stock und Stein, sind wir zurück zum Auto gelaufen.



Wir haben Ms Freund F abgeholt und sind in ein Restaurant in Marina di Ragusa gegangen, wo wir Abendbrot gegessen und viel geredet haben.
Am nächsten Morgen haben wir lange geschlafen, unseren Sprachaustausch in Form einiger weniger Post Its erledigt und sind nach einem spärlichen Frühstück durch den Regen nach Donnalucata gefahren. Dort habe ich den Bus zurück nach Modica genommen, wo es wenigstens für den Weg von der Bushaltestelle zu mir nach Hause trocken war.

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Sonntag, 11. Februar 2018
Marsala
Meine Kollegin M. hat mich und G. (eine andere Kollegin) letzte Woche eingeladen, mit ihr und ihrem Freund F. über das Wochenende nach Marsala zu fahren. Dort wollte sie Freunde aus Polen treffen, die zur Zeit durch Sizilien reisen.
Also haben wir uns am Samstagmorgen im verregneten Modica getroffen, wo wir uns ins warme Auto gesetzt haben und losgefahren sind.

Marsala befindet sich am westlichsten Punkt Siziliens, weshalb wir fast fünf Stunden unterwegs waren. Das lag jedoch weniger an der eigentlichen Entfernung, als viel mehr an der Geschwindigkeitsbegrenzung und der Einspurigkeit der „Autobahnen“.
Dafür war der Blick aus dem Fenster jede Extra-Minute wert! Wir sind immer in Küstennähe gefahren, weshalb wir ab und zu einen Blick auf das aufgebrachte Meer hatten. Der Regen hatte nämlich bald aufgehört, aber die Wolken und der Wind wollten einfach nicht verschwinden. Außerdem stehen auf vielen Hügeln und Klippen verlassene Gebäude, verfallene Kloster oder antike Tempel, was der Fahrt einen gewissen Reiseführer-Beigeschmack verliehen hat. Es war großartig!
In Marsala angekommen haben wir unsere Ferienwohnung in Betrieb genommen und die Stadt erkundet. Anstatt durch die Altstadt zu schlendern (wo am frühen Nachmittag eh alles geschlossen hat) sind wir am Meer entlanggegangen. Wir haben der Gischt zugesehen, wie sie über die Felsen springt und die Sukkulenten bestaunt, die auf dem Gestein wachsen.





Wir haben auch Sandstein gefunden, in den Muscheln „eingewachsen“ waren. Als der Stein entstanden ist sind scheinbar mehrere Muscheln intakt geblieben und werden nun von den Gezeiten freigespült. Sowas habe ich noch nie gesehen!
Wir sind durch einen Park, der im Sommer ein Caffeé sein muss zu einem der Stadttore Marsalas gegangen und durch die leergefegte Innenstadt geschlendert (Sizilianer sind keine Nachmittagsmenschen!)
In einer Bar (der einzigen, die offen war) haben wir Tee getrunken und Chips gegessen (das einzige, was man dort zum Mittag essen konnte), während wir auf M.s Freunde gewartet haben.
Als diese angekommen waren und ihr Gepäck in der Wohnung ablegen konnten, haben wir uns auf den Weg gemacht, ein Street Food Restaurant zu finden, dass uns von der Besitzerin der Ferienwohnung empfohlen wurde. Als wir es nach ca. 20 Minuten gefunden hatten hing dort ein Zettel an der Tür, der verkündete, dass der Laden bis Mitte März wegen Urlaub geschlossen war. Also haben wir im nächstbesten Imbiss Halt gemacht und dort unsere erste „vernünftige“ Mahlzeit gehabt.
Dann sind wir noch ein wenig durch die Stadt gegangen und haben uns dann in einer Bar niedergelassen, um den berühmten Marsala-Wein zu kosten.
Wer mich kennt, weiß, dass ich kein Freund von Wein bin. Der Marsala ist aber so süß, dass es gar nicht schmeckt wie Wein. Der süße Pflaumenwein vom Chinesen ist Essig dagegen! Wir haben also an einem zum Tisch umgebauten Fass gesessen und geredet, gelacht und die Lokalspezialität genossen.
Zurück in der Wohnung haben wir uns an den Tisch im Wohnzimmer gesetzt und Karten und Scharade gespielt.
Weit nach Mitternacht haben M., G. und ich beschlossen, etwas zu Essen zu suchen und uns noch einmal in die Stadt begeben. Mit Pizza im Bauch sind wir dann in Richtung Strand gegangen. Dort konnte man das Meer zwar nicht wirklich sehen, aber noch hören. Der Wind war so stark, dass es sich angefühlt hat, als würden millionen winziger Nadeln auf einen einstechen. Also haben wir uns wieder in den Schutz der Häuser begeben und dabei eine Bar mit Livemusik entdeckt. Da wir aber ausreichend müde waren, sind wir nicht stehen geblieben sondern haben uns auf den Rückweg zur Wohnung gemacht.
Dort haben wir dann teenippend im Schlafanzug auf dem Sofa gesessen und geredet, bevor wir irgendwann eingeschlafen sind.

Am nächsten Morgen (Sonntag) haben wir ein schnelles Frühstück in der Küche genommen und sind dann ein Stück weiter nach Norden, in Richtung Trapani gefahren. Dort gibt es nämlich Salzfelder und -Mühlen, die wir uns ansehen wollten. Auf dem Weg dorthin sind wir an einer Gruppe Flamingos vorbeigefahren. Echte Flamingos! Wildlebende Flamingos! Also nicht wild im Sinne von Nasenring und Drachentattoo, sondern einfach freilebend. Die gehören niemandem. Ich dachte, sowas gibt es nur in der Karibik!



An den Salzfeldern konnte man nicht viel machen, außer gucken. Die Salzfelder, wo das Wasser so flach ist, dass es wegdunstet und nur das Salz übrigbleibt. Die Salzhügel, wo das unreine Salz zu länglichen Hügeln von ca. 3mx3mx6m aufgeschichtet wurde. Einige davon waren mit Ziegeln abgedeckt, damit das Salz nicht davonweht oder vom Regen weggespült wird, andere waren den Elementen ausgesetzt. Dann waren da noch die Salzmühlen, die kleiner waren, als deutsche Windmühlen und der Gegend einen niederländischen Touch verliehen haben.





Wir haben in der Gegend gepicknickt, Schafe und ihren Schäfer beobachtet, Dattelpalmen bestaunt und sind einen langen Steg auf- und abgelaufen.
Als wir genug Vitamin D getankt hatten (im Gegensatz zum Vortag hatten wir einen blauen Himmel mit Schäfchenwolken, die hin und wieder vor die Sonne gesprungen sind um uns vor Sonnenbrand zu schützen) haben wir uns auf eine Mission begeben: Zurück zu den Flamingos zu fahren und nah genug dranzukommen, um ein gutes Foto ohne unnötig viel Zoom machen zu können.
Also sind wir zurück in Richtung Marsala gefahren, wo wir auf halber Strecke das Auto abgestellt haben und uns zu Fuß und mit Kameras bewaffnet auf Flamingojagd begeben haben. Wir sind also auf den Wegen zwischen den Salzfeldern auf sie zugelaufen und mussten nur noch ein kleines Stückchen weiter, um nicht gegen das Licht zu fotografieren, da sind sie auf einmal weggeflogen. Einfach so. Bevor irgendwer ein Foto aus der Nähe machen konnte…



Zurück in Marsala haben wir in der gleichen Bar wie am Vortag Tee getrunken, bevor wir unsere Sachen gepackt und ein letztes Stück nordwestsizilianische Pizza gegessen haben.
Auf der Fahrt zurück nach Modica war es schon lange dunkel. Aber da wir bei klarem Himmel nach Südosten gefahren sind und ich auf der Beifahrerseite saß hatte ich beinahe die gesamte Fahrt über einen freien Blick auf den großen Wagen, der wie ein treuer Begleiter immer an meiner Seite blieb. Und dann der Mond! Der sah viel größer aus als sonst. Und statt dem üblichen Silber war er fast Kupferfarben. Dabei war der Supermond doch eigentlich am 31. Januar!
Kurz nach Mitternacht war ich zuhause, habe Mond und Sternen eine gute Nacht gewünscht und mich schlafen gelegt.

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Samstag, 27. Januar 2018
Ein Abend zu fünft
Gestern nach der Arbeit bin ich nicht nach Hause gegangen, sondern mit den anderen Lehrerinnen nach Marina di Ragusa gefahren wo eine von ihnen lebt. Wir haben unterwegs Pizza geholt und sind dann damit bei ihr eingekehrt.
Wie wir so alle nach einem langen Tag in Gedanken versunken beim Essen saßen fiel mir plötzlich auf, dass wir alle verschiedene Nationalitäten haben: Litauisch, Polnisch, Englisch, Italienisch und Deutsch. Fast wie in einem Hauptstadthostel!
Wir hatten einen tollen Abend: Die Polin hatte hausgemachte Schnäpse von ihrem Opa da und da durften wir kosten. Irgendwann wurde es aber zu warm in dem kleinen Wohnzimmer und wir haben einen Spaziergang gemacht. Zum Meer.
Von der Wohnung aus läuft man keine fünf Minuten zum Strand. Wir sind also lange nach Mitternacht noch im Licht der Straßenlaternen am Wasser entlangspaziert und haben den Wellen zugehört.
Dann haben wir zu dritt in der Gästewohnung übernachtet und am nächsten Morgen staunend auf dem Balkon gestanden. Am Abend war es nämlich viel zu dunkel, um irgendetwas zu erkennen, aber im Tageslicht konnte man direkt aufs Meer schauen. Vor allem vom Balkon unter dem Dach aus!
Der Himmel war zwar bedeckt, aber an einigen Stellen war die Wolkendecke aufgebrochen und hat orange-rosa Sonnenstrahlen durchgelassen, die dann auf das Wasser gefallen sind und es blaugrün statt graublau gefärbt haben. Und man konnte die Wellen hören. Einfach so. Wie auf einer Yoga-CD, nur ohne die Klangschalengongs und die Streicher. Wunderschön!
Dann sind wir übermüdet in die Schule gefahren, um an einer Weiterbildung teilzunehmen.

Was ich an diesem Abend gelernt habe:
- Auberginen gehören auf Pizza,
- polnische Orangen machen leckeren Schnaps,
- es ist egal, woher man kommt, solange man zusammen lachen kann und
- nächtlich Strandspaziergänge mit guten Freunden können gar nicht überbewertet werden

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Dienstag, 23. Januar 2018
Deutsche Sprache schöne Sprache
Ich habe meinen heutigen Tag mit einer Deutschstunde beendet. Und wie das so ist, wenn man eine Sprache unterrichtet, muss man manche Wörter einfach erklären.
So zum Beispiel heute:
Das Wort „Sehenswürdigkeit“. Es beschreibt etwas, das es würdig ist, gesehen zu werden. Es ist den Umweg, die Reise wert. Es ist unserer Zeit würdig. Es ist es wert, gesehen zu werden.
Meine Deutschschülerin war fasziniert.
Dann ist das Wort „gewöhnungsbedürftig“ aufgekommen. Es beschreibt einen Umstand, der einiger Gewöhnung bedarf. Es ist nicht wirklich gut, aber aus Mangel an Alternativen muss es wohl reichen. Und irgendwie wird man sich schon damit arrangieren können.
Auch das Wort „Kinderwagenbettwäsche“ haben wir besprochen. Es bezeichnet die Wäsche für das Bett in einem Wagen für Kinder. Doch im Deutschen macht man einfach ein Wort daraus und überlässt die Nicht-Muttersprachler ihrem eigenen Schicksal.
Glücklicherweise mag meine Schülerin solche Worte. „Das liebe ich an der deutschen Sprache“, hat sie vorhin zu mir gesagt, „dass man einfach Wörter zusammenhängen kann und ein neues entsteht.“
Falls also jemand von euch ähnlich schöne Wörter kennt, könnt ihr mir diese gerne mailen, ich reiche sie dann weiter.
(Das klingt wie eine Walter Moers-Geschichte. Ein kleines Männchen, dass Wörter sammelt um diese an andere weiterzugeben, dich nicht so viele haben. Immer auf der Suche nach den schillernsten von allen. Oder auf der Suche nach denen, die auf den ersten Blick nach nicht viel aussehen und erst nach eingehender Betrachtung ihre Schönheit enthüllen)

So, jetzt freue ich mich jedenfalls auf mein Abendbrot. Wobei mein Abendbrot, das eigentlich eine Abendsuppe ist... Auch mein Frühstück ist nicht wirklich ein „Stück“, zumindest habe ich noch nie gehört, dass jemand „ein Stück Müsli“ zum Frühstück isst.
Frühstück und Abendbrot. Das sind doch schonmal zwei Wortschätze zum Weiterreichen.

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Sonntag, 21. Januar 2018
Viva Venedig?
Ich habe bereits erzählt, dass es in der Nähe der Innenstadt ausgetrocknete Flussbetten gibt (Siehe Blogeintrag über den Parkspaziergang mit Schafen und Ziegen) und nun erfahren, was es damit auf sich hat.
Modica galt früher als das „Venedig des Südens“. Statt Straßen gab es nämlich Flüsse. Und viele Brücken. Bis es im September 1902 vier Tage lang geregnet hat und die Innenstadt unter Wasser stand. Mehrere Menschen sind dabei ums Leben gekommen und so hat die Stadt beschlossen die Flüsse umzuleiten (also weitläufig um die Stadt herum) und die Flussbetten in der Innenstadt in Straßen zu verwandeln.
Heute ist kein Zeichen mehr von den ehemaligen Flüssen in der Stadt selbst zu sehen. Nur eine einzelne Plakette an einer Hauswand erinnert noch an das Hochwasser.
Doch statt die Flussbetten einfach zuzuschütten hat man sie beibehalten und die Straße praktisch draufgelegt. Bei starkem Regen fließt das Wasser also immer noch durch die Stadt. Nur eben unterirdisch, wo es niemand sieht. „Wasser sucht sich seinen Weg.“, soll Opa D immer gesagt haben. Und Modica ist ein gutes Beispiel genau dafür.


Die Überflutung:





Leider konnte ich nur ein nachcoloriertes Bild finden, auf dem Modica direkt nach der Flut zu sehen ist:




Heute ist die Innenstadt asphaltiert. Man erkennt das Gebäude von den anderen beiden Bildern an den Bögen.

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Sonntag, 7. Januar 2018
Stromausfall
Vorhin habe ich beschlossen, ein heißes Bad zu nehmen, weil ja Winter ist. Im Herbst habe ich das schonmal gemacht und gemerkt, dass „heiß“ eher nicht zustande kommt in diesem Haus und mir überlegt, parallel zum Wasserhahnwasser heißes Wasser aus Wasserkocher und Kochtopf dazuzugießen.
Als die Wanne eine Handbreit voll war, viel auf einmal der Strom aus. Was in dieser Wohnung ewige Dunkelheit bedeutet, da die Fensterläden fast immer zu sind. Ich habe also nach meinem Handy getastet und die Taschenlampenfunktion eingeschaltet und bin dann zum Schaltkasten gegangen, der für mein deutsches Verständnis völlig in Ordnung war.
Also bin ich raus auf die Straße gegangen um zu schauen, ob die Nachbarn Licht haben. Das konnte ich aber nicht feststellen, weil man ja hier (wie bereits erwähnt) immer die Fensterläden zu hat. Die Straßenlaternen waren an, aber das konnte natürlich auch an einer extra Leitung liegen.
Ich habe dann begonnen, Kerzen anzuzünden und meiner Vermieterin zu schreiben. Da die sich nicht zurückmeldete und ich immer noch warmes Wasser in der Wanne hatte habe ich spontan mein Wannenbad in ein Fußbad umbenannt und mich mit meinem eBook ins Bad gesetzt. Glücklicherweise kann sich das eBook nämlich selbst beleuchten und so hab ich auf dem Wannenrand gesessen, bis das Wasser kalt war.
Meine Vermieterin hatte immer noch nicht geantwortet und ich habe einer unserer Sekretärinnen geschrieben, worin mein Problem bestand. Die hatte nach wenigen Minuten geantwortet und vorgeschlagen, ich solle doch mal in dem ANDEREN Sicherungskasten den Schalter nach oben legen.
Nun zu dem zweiten Sicherungskasten: während der erste für mich normal aussieht und in Brusthöhe angebracht ist, befindet sich der zweite ca. 1,90 Meter über dem Boden. Für die meisten Sizilianer also unerreichbar. Außerdem hat er statt vieler kleiner Schalter für die verschiedenen Räume nur einen einzigen. Und dieser eine Schalter sieht so aus, als könnte man damit ein Raumschiff starten. Dazu kommt, dass dieser Kasten eine digitale Anzeige hat, die mir Wörter anzeigen musste, die ich auch mit Leo nicht sinnvoll verbinden konnte.
Wie eine richtige Große habe ich also die Zähne zusammengebissen und den Raumschiffschalter umgelegt. Und-

… sofort fing mein Kühlschrank wieder an zu brummen.
Daraufhin habe ich alle Lichtschalter und Wasserhähne ausprobiert (hier geht nämlich auch das Wasser nicht, wenn der Strom weg ist) und meine kleine Standheizung angeschaltet, damit ich heute Nacht nicht frieren muss.
Und die Moral von der Geschicht: ein heißes Bad, das gibt´s hier nicht.
Ich werde also nachher nur duschen und dann im Bett lesen.

Diese Zeilen schreibe ich übrigens im Kerzenlicht, weil ich mir Kerzen eine gute Stunde lang schöngeredet und mich gerade damit abgefunden hatte, heute keine Lampe mehr benutzen zu können.

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Dinner for Italians
Ich bin am Dienstagmorgen über Stuttgart nach Catania geflogen, weil ich am Nachmittag (17:30 Uhr) wieder vor der Klasse stehen sollte. Ich wusste, dass das knapp werden würde, weil ich 14:30 Uhr in Catania landen würde, der Bus nach Modica aber schon um 14:45 Uhr abfährt.
Wir sind tatsächlich um 14:28 Uhr aus dem Flugzeug gegangen, womit kurzzeitig niemand gerechnet hätte. Als wir die Küste Siziliens schon sehen konnten sind wir plötzlich Schlangenlinien geflogen. Es hat sich angefühlt, als würden sich zwei Leute im Cockpit um den Steuerknüppel streiten und in verschiedene Richtungen fliegen wollen. Im Rückblick kann es auch an Wind oder Ähnlichem gelegen haben. Dazu kam ein eher großes Luftloch und dass wir schon ziemlich tief flogen, als wir über dem Strand waren. Aber letztendlich sind wir sicher angekommen.
Mein Gepäck hatte ich um 14:48 Uhr, an der Bushaltestelle war ich um 14:50 Uhr und da Fernbusse leider sehr pünktlich sind (zumindest meiner bisherigen Erfahrung nach) hatte ich den Bus verpasst. Der nächste fuhr um 15:10 Uhr, aber nicht nach Modica, sondern nach Ragusa, was mit dem Auto ca. 15 Minuten von meiner Schule entfernt liegt.
17:05 Uhr war ich in Ragusa.
17:10 Uhr hat mich meine Chefin abgeholt.
17:25 Uhr war ich in der Schule.
17:30 Uhr stand ich vor der Klasse.
Weil ich keine Zeit hatte, in irgendein Lehruch zu gucken und Aufgaben herauszusuchen habe ich mit meinen Schülern Dinner for One geschaut. Und besprochen. Und diskutieren lassen.
Ohne Pause hatte ich danach die nächste Gruppe zu unterrichten. Wir haben dasselbe gemacht. The same procedure as last lesson, Hannah? The same procedure as every lesson, reader!
Am Mittwoch hatte ich eine Gruppe Teenager. Da habe ich dasselbe machen lassen. The same procedure as last lesson, Hannah? The same procedure as every lesson, reader!
Am Donnerstag kamen meine Erwachsenen. Ihr erratet es sicher schon. Wir haben Dinner for One geguckt. The same procedure as every day.
Was ich beobachten konnte: Ob zwölf oder Mitte Fünfzig, je betrunkener James wird, desto lustiger wird es für alle. Außerdem kann man gut „buff“ sagen, eine Sekunde bevor James gegen den Tiger läuft.
Was ich gefragt wurde:
-Und ihr seht das JEDES Jahr?
-Warum guckt ihr das auf Englisch?
-Immer an Sylvester oder generell um den Jahreswechsel drum rum?
-Guckt ihr das um Mitternacht? Oder am Morgen?
Generell kann man sagen, dass alle ihren Spaß hatten, aber ich wohl niemanden dazu bekehren konnte, künftige Sylvesterabende mit James und Miss Sophie zu verbringen.

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Sonntag, 10. Dezember 2017
home SWEET home oder Chocomodica
Modica ist in ganz Sizilien bekannt für seine Schokolade. Das liegt daran, dass die Stadt von den Spaniern besetzt war, als Kolumbus und Kumpanen mit Kakao aus Lateinamerika zurückgekommen sind. Darum gibt es hier Schokoladenläden und-museen, die nicht nur die Touristen anlocken, sondern auch von den Einheimischen heimgesucht werden.
Dazu muss man sagen, dass modicanische Schokolade nicht so ist wie die, die man in Deutschland (und den meisten Orten der Welt) kaufen kann. Der Zucker wird hier nämlich nicht mit der Kakaomasse verschmolzen. Darum hat man kleine Zuckerkristalle, die der Schokolade eine ganz eigene Textur geben und erst im Mund schmelzen. Dazu kommt, dass man sich hier anscheinend an keinerlei Regeln halten muss, wenn es um Geschmackskombinationen geht. So gibt es von Vollmilch bis Thymian alles. Thymian! In Schokolade!

Von arancia (Orange) bis Zitrone.
Mit Stückchen oder ohne.
Schokolade wo ich wohne.
Zum Schluss ein Satz mit „Krone“.
(Nicht mein bestes Gedicht, aber wahrscheinlich das schnellste.)

Und dieses Wochenende war Chocomodica, das alljährliche Schokoladenfestival.



Es findet immer um diese Zeit statt (im Sommer würde die Schokolade schmelzen!) und lockt so viele Leute auch aus anderen Städten an, dass es spezielle Überlandbusse nur für dieses Wochenende gibt.
Die Innenstadt selbst wird vom Rest der Welt abgeriegelt, mit Betonblöcken quer über die Zugangsstraßen. Ich weiß nicht, ob das wegen der vielen „Fahrzeug-in-Menschenmenge“-Terrorangriffe ist, oder weil die Innenstadt eine einzige Fußgängerzone wird. Jedenfalls sind im Zentrum plötzlich Fußgänger statt Autos, Bühnen statt Bussen und Schokoladenstände wo normalerweise nur Fußweg ist.



Neben Schokolade kann man auch Antiquitäten und Handgemachtes kaufen. So habe ich beispielsweise zwei Paar Ohrringe erbeutet und beinahe auch eine Handtasche, die praktisch das Taschenequivalent zum Kettenhemd ist, aber letztendlich 270€ kosten sollte. Für 250 weniger hätte ich sie genommen!
Jedenfalls hatten wir viel Spaß, viel zu gucken, viele Leute zum Italienisch-Üben und immer etwas zum Staunen.
Zum Beispiel die Schokoladenskulpturenausstellung, in der es das Schlumpfenland aus Schokolade gab.


Und Werkzeug.


Und eine Küche.


Und (natürlich, weil bald Weihnachten ist) ein Krippenspiel.


Und allerlei abstraktes Zeugs… und einen Pferdekopf. Wahrscheinlich der einzige Pferdekopf, neben dem man nicht ungern aufwacht (Anspielung auf Der Pate I).
Wer also Lust auf Schokolade hat (ausgefallen oder gewöhnlich) kann gern vorbeikommen, nicht nur zur Chocomodica.

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Samstag, 9. Dezember 2017
Zurück ans Meer
Ich war gestern wieder am Meer. Weil es Dezember ist. Und warm. Wir sind wieder mit dem Bus nach Pozzallo gefahren (weil das der einzige Strandort ist, an dem man Sonn- und Feiertags mit dem Bus kommt) und haben Gelato gekauft. Dann sind wir immer am Wasser entlanggelaufen, haben einen Strand entdeckt, den wir beide noch nicht kannten und ich habe Muscheln gesammelt.





Es waren um die 17/18°C, bis die Sonne untergangen ist. Im DEZEMBER!
Nach ungefähr fünf Stunden haben wir in die weihnachtlich dekorierte Stadt gegangen und haben uns in ein Café gesetzt und Tee getrunken, bis wir uns wieder zur Bushaltestelle begeben haben.



Ich war zwar nicht mit den Füßen im Wasser (ich will so kurz vor meinem Urlaub nichts riskieren, ich will Weihnachten nicht krank sein!) aber mit der Hand. Das Meer hatte ungefähr „Ostsee-im-Sommer“-Temperatur.
Auch heute bin ich wieder durch Modica gelaufen und kann gar nicht richtig glauben, dass es Mitte Dezember ist und ich nicht mal meine Jacke zumachen muss. Zumindest nicht tagsüber. Ich glaube, wenn ich wieder in Berlin bin, werde ich ganz schön mit dem plötzlichen Temperaturwechsel zu kämpfen haben…

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Dienstag, 5. Dezember 2017
Fotos
Heute hatte früh Schluss, 19.30 Uhr. Und dann hat auch noch einer der Sekretärinnen angeboten, mich und O. mit nach Modica Bassa zu nehmen, sodass ich um 20.30 Uhr zuhause war, statt um neun.
Jetzt habe ich also unerwartet Zeit und Ruhe, um die Stadtlichter-Bilder hochzuladen.
Ich weiß, dass es nicht die beste Bildqualität ist, aber mehr bekommt mein Telefon bei Nacht nicht hin.





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Samstag, 2. Dezember 2017
Es weihnachtet schon etwas mehr
Als würde die Stadtverwaltung meinen Blog lesen wurde jeden Tag der Woche in einer anderen Straße auf dem Weg von der Schule nach Hause das Licht angemacht. Wie ein Endnovember-Adventskalender.
Und ich habe rechtzeitig zum 30.11 und 01.12. Adventskalender in der Post gehabt. Das heißt, dass ich eines meiner Fensterbretter zum Weihnachtsregal ernannt habe. Mit Kerzen und so. In Erfurt hatte ich nie Kerzen, aber jetzt war mir irgendwie danach.
Ich habe auch eine Lichterkette für das Kopfende meines Bettes gekauft, weil Nachttischlampen jeder kann…
Wirklich kalt ist es immer noch nicht, obwohl ich schon wieder ein „Schnee in Thüringen“-Bild bekommen habe. Ich bin diese Woche noch spätabends mit offener Jacke rumgelaufen! Da hatte ich eigentlich vor, morgen ans Meer zu fahren und euch neidisch zu machen, aber im Moment regnet es und ich fürchte, dass es morgen nicht anders aussieht….

Aber jetzt gehe ich erstmal mit einer Freundin in der Stadt Abendbrot essen, Fotos folgen morgen! (Mal schauen, ob ich morgen am Strand bin)

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Sonntag, 26. November 2017
Es weihnachtet schon
Diese Woche wurden die ersten Weihnachtslichter in der Stadt aufgehängt. Das heißt Sternengirlanden, Lichterketten und riesige Leuchtsterne in den Straßen. Aber sie leuchten noch nicht. Ich vermute, dass sie erst am ersten Dezember eingeschaltet werden, oder am ersten Advent. Das kann mir keiner der Einheimischen sagen…


Ich hoffe, man kann auf den Bildern erkennen, was ich meine. Manche Girlanden hängen an den Straßenlaternen, andere ziehen sich über die Straße. Und die Sonne scheint warm.

Obwohl ich mich auf die Weihnachtszeit freue ist es komisch, weil ich mir hier keine Weihnachtsstimmung vorstellen kann. Zwar hängen in den Supermärkten schon kleine Weihnachtsbäume von der Decke, in den Schaufenstern stehen Schneekugeln und Krippenspiele und die Straßencafés haben ihre Sonnenschirme durch Plastikbäume ersetzt, aber bei 18°C Außentemperatur fühlt sich das falsch an.
Gestern Abend war ich mit einer Freundin aus und wir saßen bis ein Uhr morgens draußen vor einer der Bars in der Innenstadt. In Übergangsjacken! Ohne zu frieren! Da kann man doch nicht an Weihnachten denken!!!
(Ich bin übrigens überzeugt davon, dass die Schneekugeln hier entweder als sarkastischen Geschenk oder mit einem großen Augenzwinkern gekauft/verschenkt werden. Obwohl es hier vor 2 Jahren mal einen Tag lang geschneit haben soll, das ist dann für 24 Stunden liegen geblieben. Und davon erzählen die heute noch. Von 24 Stunden Schnee! Und da verkaufen sie Schneekugeln…)

Wirklich winterlich fühle ich mich nur, wenn ich in meiner kalten Wohnung sitze. Die Häuser hier haben nämlich keine Kältedämmung und die Fenster sind auch nicht dicht. Das heißt, ich sitze oft in meinem Wohnzimmer, in eine Decke gewickelt, den Bauch voll heißer Schokolade. Wenn man dann noch Tschaikowskis Nussknacker anmacht, dann kann man langsam an Weihnachten denken.

Insgeheim schmiede ich Pläne, nachts in die Schule einzubrechen, Plätzchen zu backen und dann das ganze Gebäude zu lüften, damit die Schüler (Kinder!) die Kekse nicht riechen. Ich habe nämlich keinen Ofen zuhause. Und O. (meine Kollegin und Freundin) auch nicht.
Im Ernstfall muss ich die Plätzchen backen, wenn ich wieder in Berlin bin. Denn Weihnachten ohne verzweifelt nach der einen bestimmten Ausstechform zu suchen, sich am Blech zu verbrennen und dann aus Versehen Zuckerguss über die Arme zu kleckern geht gar nicht. Außerdem singt hier keiner die Drei Haselnüsse für Aschenbrödel-Musik mit mir. Dabei ist der Text gar nicht so schwer!
Ich habe mir schon vorgenommen, mit meiner Deutschschülerin eine Stunde zu Weihnachten in Deutschland zu machen. Kultur statt Grammatik. Darf auch mal sein. Außerdem habe ich dann eine gute Ausrede 3HfA-Szenen auf YouTube zu suchen und sie während der Arbeit zu schauen.


ANMERKUNG: Vielleicht ist aufgefallen, dass ich in den ersten Absätzen nicht in Weihnachtsstimmung war und in den letzten dagegen schon deutlich mehr. Das liegt nur daran, dass ich tatsächlich zum Schreiben dieses Textes die Nussknacker-Musik höre und es draußen schon dunkel ist.
Falls ich also in den nächsten Wochen vergesse es zu sagen: Ich wünsche euch eine schöne Weihnachtszeit.
(Aber erst ab Freitag! Im November freut man sich noch nicht auf Weihnachten!)

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Samstag, 11. November 2017
Sprache(n)
Ich werde immer wieder gefragt, wie denn meine Italienischkenntnisse sind. Ich bin in dieser Phase des Sprachenlernens, in der man sich zwar verständigen kann aber beim Sprechen immer noch über Grammatik und „Wie heißt das nochmal?“ nachdenkt. Ich stammle mehr, als dass ich spreche, es sei denn ich habe den Satz schon einmal gesagt, bzw. ein ähnliches Gespräch bereits geführt.
Was Grammatik und Vokabeln angeht ist Italienisch dem Spanischen sehr ähnlich, was beim Hören sehr hilft, beim Sprechen aber schnell verwirrend wird.
In den beiden Italienischstunden, die ich hier hatte ist mir besonders aufgefallen, wie großartig das menschliche Gehirn im Umgang mit Sprache ist. Die beiden Stunden wurden auf Englisch gehalten, was mich nicht weiter gestört hat. Spannend wurde es aber, als ich angefangen habe, die Parallelen zwischen italienischer und spanischer Grammatik zuziehen. Das habe ich nämlich auf Deutsch gemacht, weil ich ja Spanisch in Deutschland gelernt habe. Ich habe also auf Deutsch Verbindungen zwischen Italienisch und Spanisch hergestellt, während mir die grammatikalischen Grundlagen auf Englisch erklärt wurden. Danach war ich erschöpft aber euphorisch, weil ich nie gedacht hätte, dass mir eines Tages vier Sprachen gleichzeitig durch den Kopf fliegen würden ohne, dass ich restlos verwirrt werde.

Tatsächlich bin ich hier aber deutlich mehr mit der englischen Sprache beschäftigt, als mit allen anderen. Ich unterrichte Englisch und führe die meisten meiner Gespräche mit meinen Kollegen in dieser Sprache.
Das hat dazu geführt, dass ich in der ersten Deutschstunde, die ich gegeben habe, oft überlegen musste, ob das jetzt zusammen oder auseinandergeschrieben wird (im Englischen meistens auseinander!), ob da ein Apostroph hinkommt (im Deutschen wahrscheinlich nicht) oder wie eigentlich das deutsche Wort für volunteering ist (ehrenamtlich arbeiten!).
Aber wir haben auch viel Spaß im Deutschunterricht. Als es um die unterschiedliche Aussprache des „ch“s ging, habe ich mir etwas einfallen lassen. „CH“ klingt nämlich wie eine wütende Katze. Also habe ich gesagt, „Bach“ ist mit einer großen wütenden Katze und „ich“ mit einer kleinen wütenden Katze. Und so haben wir dagesessen und gelernt, welche Vokale vor einer großen und welche vor einer kleinen Katze kommen. Wir haben demnach eine halbe Stunde über Katzen gesprochen, was bestimmt alle verwundert hätte, die an unserer Tür vorbeigelaufen sind, wenn sie Deutsch verstehen würden.

Aber nun zum eigentlichen, zum Italienischen. Ich merke, wie ich mehr und mehr verstehe und abspeichere. Trotzdem muss ich manchmal einen Moment nachdenken, weil mir eine Formulierung die ich höre sehr seltsam vorkommt. Wenn ich beispielsweise darauf warte, dass meine Schüler von ihren Eltern abgeholt werden schauen diese oft raus auf den Flur und erzählen mir dann „Die Mama gibt es nicht.“, um mir mitzuteilen, dass ihre Mama noch nicht da ist. Eine andere Sache, die mir irritiert ist, dass (vor allem die kleinen Kinder) nicht „Ich muss auf die Toilette.“ sagen, sondern „Das Pipi verlässt mich.“ Wenn man sie fragt, dann können sie aber noch fünf Minuten bis zur Pause warten.
Trotzdem gab es schon drei Momente in denen mir gesagt wurde, dass ich ja eigentlich Italienisch sprechen würde:
1. Als meine Chefin gehört hat, wie ich stammelnd versuchte habe, ihrem Mann (der kein Wort Englisch spricht) etwas zu erklären.
2. Als einer meiner Schüler, um mein Italienisch zu testen sehr schnell etwas fragte und ich einfach nur auf die drei Wörter reagiert habe, die ich verstanden habe. Anscheinend war es eine angemessene Reaktion auf die Frage gewesen, da alle im Raum sehr beeindruckt aussahen.
3. Als ich heute mit einer Freundin im Supermarkt an den reduzierten Büchern stand und ihr den Klappentext von einem von ihnen zum größten Teil übersetzen konnte.
Trotzdem finde ich nicht, dass ich die Sprache spreche. Ich bin immer noch so unsicher und unzufrieden damit, wie unfassbar wenig ich weiß, dass ich mich gar nicht richtig über meine Fortschritte freuen kann. Aber „piano piano“, wie meine Chefin immer sagt. Langsam, langsam.

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Freitag, 10. November 2017
Gewitter
8 Uhr morgens: Es gewittert draußen.
Der Donner klingt, als würden riesige Berge in nächster Nähe spontan in sich zusammenfallen oder auseinanderbrechen. Es klingt so nah, dass man gar nicht glauben mag, dass das Geräusch von Luftmassen weit über mir erzeugt wird, dass Luftmassen zu so etwas überhaupt fähig sind.
Die kleine Straße vor meinem Haus steh knöcheltief unter Wasser. Der Boden ist komplett mit Sandstein versiegelt und das Wasser kann nirgends hin, nur den Berg hinabfließen. An meinem Haus vorbei. In Massen. Die wenigen Abflüsse, die es unterwegs trifft, können da nicht viel ausrichten.
Während ich diese Zeilen schreibe beginnt es zu hageln. Erbsengroße Hagelkörner trommeln gegen die Fensterscheiben und werden so zum Hauptbestandteil des ganzen Lärms.
Meine Fenster halten kaum ein Geräusch draußen und so klingt es fast, als würde ich mittendrin sein, im Gewitter. Als säße ich in einem Zelt oder hielte mir nur eine alte Zeitung zum Schutz gegen den Hagel über den Kopf, dabei liege ich in meinem warmen Bett unter zwei Decken und schreibe dieses Blogeintrag.

Dieser Eintrag klingt sehr dramatisch, das ist mir bewusst. Wie ein Weltuntergangsreport. Aber so fühlt es sich auch an.

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Mittwoch, 8. November 2017
Post
Ich habe heute morgen mit der Postbotin geredet, da ich ein Paket erhalten habe. Sie hatte gestern schon versucht, es auszuliefern, aber ich war nicht da (weil ich entgegen der allgemeinen Auffassung nicht zum Urlauben, sondern zum Arbeiten hier bin). Pakete bei einem Nachbarn abgeben ist hier irgendwie nicht so wirklich ein Ding.
Sollte also irgendeine(r) von euch auf die verrückte Idee kommen, mir etwas schicken zu wollen, dass größer ist als ein kleiner Briefkastenschlitz, dann dürft ihr das gerne tun (ich habe damit kein Problem), aber schickt es bitte an die Adresse der Schule, da ist den ganzen Tag über jemand, sechs Tage die Woche, der das für mich annehmen kann, wenn ich mal nicht da bin.

Trotzdem: vielen Dank für die Päckchen!!! =)

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