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Sonntag, 24. September 2017
Afrika und Bayern
hanhan, 16:28h
Statt der ständigen Vergleiche Modicas mit Bolivien möchte ich heute einem anderen Ansatz folgen. Sizilien ist nämlich eigentlich Afrika. Aber auch irgendwie Bayern…
Sizilien wird von den italienischen Festlandbewohnern „Nordafrika“ genannt. Hauptsächlich weil diese Insel Afrika näher ist als Rom. Tatsächlich werden die Städte hier gar nicht so selten mit einer dünnen gelben Staubschicht überzogen, die man vor allem auf Autos sieht oder die der Regen an die Fenster klebt. Dieser gelbe Staub wurde vom Wind hierhergetragen: aus Afrika.
Auch der Boden auf dem man läuft (zumindest in Südsizilien) ist geologisch gesehen afrikanisch. Vor vielen Millionen Jahren ist ein Stück Festland von der afrikanischen Platte abgebrochen und Richtung Europa gedriftet. Dort hat sich das Stückchen Afrika auf ein kleineres Stückchen geschoben, das von Europa abgebrochen war. Die so entstandene Insel ist heute Sizilien. Man sieht sogar noch, wo sich die beiden Erdmassen getroffen und gegenseitig hochgeschoben haben: Im Norden der Insel gibt es eine Gebirgskette, die man auf den meisten Karten nicht übersehen kann.
So viel also zum erdgeschichtlichen Hintergrund der Insel. Sizilien ist ein bisschen Afrika, das ist klar. Aber warum Bayern?
Wenn man sich anhört, was die Festlanditaliener über Sizilien sagen, dann erinnert mich das an alles, was Deutsche über Bayern denken:
- „Die sind da im Süden in ihrer eigenen Welt“ Joa, isolierter als auf einer Insel geht es fast nicht.
- „Die reden komisch, man versteht die gar nicht.“ Tatsächlich sind sich Linguisten nicht einig, ob Sizilianisch nur ein Dialekt oder eine eigenständige Sprache ist. Die meisten tendieren eher zur Sprache. Wenn man jemanden mit starken Sizilianisch bittet, das ganze nochmal auf Italienisch zu wiederholen lächeln sie nett, sagen „Natürlich!“ und wiederholen ihr Kauderwelsch.
- „Die essen komische Sachen. Es schmeckt ja nicht schlecht, aber seltsam ist es schon“ Ich habe jetzt schon zwei Formen entdeckt, wie die Sizilianer Reis mit Käse essen: Als frittierte Bällchen und als Suppe. Letztere scheint tatsächlich nur aus Reis, Käse, Wasser und Salz zu bestehen. Aber es gibt aufgrund der Insellage natürlich auch überall Fisch und seltsam anmutende Meeresfrüchte.
- „Die haben eine eigene Vorstellung von Mode“ Hier läuft zwar niemand in Lederhos‘n und Dirndl rum, aber im Vergleich zum Rest Italiens ist man hier wohl etwas entspannter, was die Kleidungswahl betrifft. Die meisten Italienischen Touristen, die hier mit Reiseführern durch die Stadt laufen, erkennt man tatsächlich daran, dass sie aussehen, als hätten sie mehr Zeit in ihr Outfit investiert, als die Einheimischen. Aber das kann auch daran liegen, dass man für so etwas im Urlaub mehr Energie und Nerven hat.
- „Die sind sehr katholisch.“ Ja. Im Gegensatz zum Rest des Landes ist der Süden (vor allem Sizilien) religiöser als der Norden (den Vatikan ausgenommen, die Leute dort sind im Durchschnitt wahrscheinlich gläubiger als Süditaliener). Modica ist beispielsweise auch bekannt als Die Stadt der Hundert Kirchen. Und das bezieht sich nur auf Modica Bassa! Tatsächlich sind hier überall Kirchen: große und kleine, restaurierte und renovierungsbedürftige, mit und ohne Turm, … Manchmal läuft man durch die Stadt, biegt um eine Ecke und plötzlich steht dort eine Kirche. Hier überragen die Kirchen nämlich nicht immer die umstehenden Gebäude, das machen nur die Dome im Zentrum.
- „Die wollen mit dem Rest des Landes nicht so wirklich etwas zu tun haben.“ Gerüchten zufolge versucht Bayern wohl öfters mal, ein eigenes Land zu werden. Auch Sizilien würde manchmal lieber sein eigenes Ding machen. Das hat mit der Geschichte des Landes zu tun. In einem Buch habe ich gelesen, dass man sich Sizilien in dieser Hinsicht vorstellen kann wie eine Frau. Über Jahrhunderte wurde sie von verschiedenen Männern heimgesucht, überfallen und dominiert. Vor allem Griechen und Araber, aber auch andere Europäer und Afrikaner. Und jedes Mal ging es Sizilien danach schrecklich und die Männer haben sich über ihre Eroberungen gefreut. Eines Tages kam dann Italien und hat beschlossen, Sizilien aufzunehmen und zu beschützen, aber verständlicherweise hat Sizilien immer noch trust issues, oder auf Deutsch: Es fällt ihr schwer, anderen zu vertrauen. Darum hat Italien ihr tatsächlich einige Freiheiten eingeräumt, damit sie sich nicht zu bedrängt fühlt. Und es läuft mittlerweile wirklich gut mit den beiden.
Sizilien wird von den italienischen Festlandbewohnern „Nordafrika“ genannt. Hauptsächlich weil diese Insel Afrika näher ist als Rom. Tatsächlich werden die Städte hier gar nicht so selten mit einer dünnen gelben Staubschicht überzogen, die man vor allem auf Autos sieht oder die der Regen an die Fenster klebt. Dieser gelbe Staub wurde vom Wind hierhergetragen: aus Afrika.
Auch der Boden auf dem man läuft (zumindest in Südsizilien) ist geologisch gesehen afrikanisch. Vor vielen Millionen Jahren ist ein Stück Festland von der afrikanischen Platte abgebrochen und Richtung Europa gedriftet. Dort hat sich das Stückchen Afrika auf ein kleineres Stückchen geschoben, das von Europa abgebrochen war. Die so entstandene Insel ist heute Sizilien. Man sieht sogar noch, wo sich die beiden Erdmassen getroffen und gegenseitig hochgeschoben haben: Im Norden der Insel gibt es eine Gebirgskette, die man auf den meisten Karten nicht übersehen kann.
So viel also zum erdgeschichtlichen Hintergrund der Insel. Sizilien ist ein bisschen Afrika, das ist klar. Aber warum Bayern?
Wenn man sich anhört, was die Festlanditaliener über Sizilien sagen, dann erinnert mich das an alles, was Deutsche über Bayern denken:
- „Die sind da im Süden in ihrer eigenen Welt“ Joa, isolierter als auf einer Insel geht es fast nicht.
- „Die reden komisch, man versteht die gar nicht.“ Tatsächlich sind sich Linguisten nicht einig, ob Sizilianisch nur ein Dialekt oder eine eigenständige Sprache ist. Die meisten tendieren eher zur Sprache. Wenn man jemanden mit starken Sizilianisch bittet, das ganze nochmal auf Italienisch zu wiederholen lächeln sie nett, sagen „Natürlich!“ und wiederholen ihr Kauderwelsch.
- „Die essen komische Sachen. Es schmeckt ja nicht schlecht, aber seltsam ist es schon“ Ich habe jetzt schon zwei Formen entdeckt, wie die Sizilianer Reis mit Käse essen: Als frittierte Bällchen und als Suppe. Letztere scheint tatsächlich nur aus Reis, Käse, Wasser und Salz zu bestehen. Aber es gibt aufgrund der Insellage natürlich auch überall Fisch und seltsam anmutende Meeresfrüchte.
- „Die haben eine eigene Vorstellung von Mode“ Hier läuft zwar niemand in Lederhos‘n und Dirndl rum, aber im Vergleich zum Rest Italiens ist man hier wohl etwas entspannter, was die Kleidungswahl betrifft. Die meisten Italienischen Touristen, die hier mit Reiseführern durch die Stadt laufen, erkennt man tatsächlich daran, dass sie aussehen, als hätten sie mehr Zeit in ihr Outfit investiert, als die Einheimischen. Aber das kann auch daran liegen, dass man für so etwas im Urlaub mehr Energie und Nerven hat.
- „Die sind sehr katholisch.“ Ja. Im Gegensatz zum Rest des Landes ist der Süden (vor allem Sizilien) religiöser als der Norden (den Vatikan ausgenommen, die Leute dort sind im Durchschnitt wahrscheinlich gläubiger als Süditaliener). Modica ist beispielsweise auch bekannt als Die Stadt der Hundert Kirchen. Und das bezieht sich nur auf Modica Bassa! Tatsächlich sind hier überall Kirchen: große und kleine, restaurierte und renovierungsbedürftige, mit und ohne Turm, … Manchmal läuft man durch die Stadt, biegt um eine Ecke und plötzlich steht dort eine Kirche. Hier überragen die Kirchen nämlich nicht immer die umstehenden Gebäude, das machen nur die Dome im Zentrum.
- „Die wollen mit dem Rest des Landes nicht so wirklich etwas zu tun haben.“ Gerüchten zufolge versucht Bayern wohl öfters mal, ein eigenes Land zu werden. Auch Sizilien würde manchmal lieber sein eigenes Ding machen. Das hat mit der Geschichte des Landes zu tun. In einem Buch habe ich gelesen, dass man sich Sizilien in dieser Hinsicht vorstellen kann wie eine Frau. Über Jahrhunderte wurde sie von verschiedenen Männern heimgesucht, überfallen und dominiert. Vor allem Griechen und Araber, aber auch andere Europäer und Afrikaner. Und jedes Mal ging es Sizilien danach schrecklich und die Männer haben sich über ihre Eroberungen gefreut. Eines Tages kam dann Italien und hat beschlossen, Sizilien aufzunehmen und zu beschützen, aber verständlicherweise hat Sizilien immer noch trust issues, oder auf Deutsch: Es fällt ihr schwer, anderen zu vertrauen. Darum hat Italien ihr tatsächlich einige Freiheiten eingeräumt, damit sie sich nicht zu bedrängt fühlt. Und es läuft mittlerweile wirklich gut mit den beiden.
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