Samstag, 4. November 2017
Ein seltsamer Samstag mit Parkspaziergang
Heute war ein komischer Tag. Ich war bis kurz vor 4 Uhr morgens wach, weil ich einfach nicht einschlafen konnte (was eventuell an der halben Tafel Schokolade gelegen hat, die ich gegen Mitternacht noch gegessen habe…). Dann hat um 9 mein Wecker geklingelt, weil ich arbeiten musste. Ein Kollege ist nämlich den ganzen November über nicht da und ich vertrete seine Stunden am Samstag. Ich habe also eine Stunde gegeben und war am Nachmittag wieder zuhause.
Es war so schönes Wetter, dass ich beschlossen habe, spazieren zu gehen.
Ca fünfzehn Minuten von meinem Haus entfernt gibt es einen Park, in dem ich bisher noch nicht war, also habe ich beschlossen, mich auf den Weg dahin zu machen. Statt den direkten Weg zu gehen laufe ich gerne durch die Gassen abseits der großen Straßen. Das bedeutet zwar viel bergauf laufen und Treppen steigen, aber es gibt immer etwas zu sehen. Ob es Häuser sind, kleine Gärten, bepflanzte Terrassen oder der Blick über die Stadt. Das verlängert den Weg natürlich maßgeblich, aber es lohnt sich.


Im Park angekommen bin ich Fußgängerserpentinen gelaufen. Irgendjemand hat beschlossen, dass das viel besser ist, als einfach Treppen in den Abhang zu bauen. Leider sieht es auf dem Foto nicht annähernd so steil aus, wie es wirklich ist.


Der Park selbst zieht sich durch ein Tal, in dem früher mal ein Flussbett gelegen haben muss. Ich weiß, dass Modica vor vielen Jahren mit Hochwasser zu kämpfen gehabt hat und das Problem irgendwie gelöst hat. Leider weiß ich nicht, ob dieses Flussbett Teil der Lösung oder des Problems ist/war. Der Park verläuft also neben diesem Graben, in dem immer noch Staumauern auszumachen sind und der nun von Ziegen und Schafen mit Glocken um den Hals bewohnt wird.


An dem Park steht außerdem ein Haus, das aussieht wie aus den Rückblicken aus Der Pate II. Man hört fast die Streicher die Titelmusik spielen. Netterweise hat sich ein Schaf bereiterklärt, vor dem Haus für ein Foto zu posen, sodass man kaum glauben kann, dass die Aufnahme zehn Gehminuten vom Stadtzentrum entfernt gemacht wurde.


Entlang der Fußwege sind Klettergerüste und ähnliches verteilt, aber nicht alles davon ist als Spielplatz gedacht. Neben einigen Konstruktionen stehen Schilder, die Sportübungen an den jeweiligen "Geräten" in sechs Schwierigkeitsstufen vorschlagen. Praktisch wie ein Outdoor Fitessstudio.
Es gibt auch ein Amphitheater und wer sich traut, sich in die Büsche zu schlagen, entdeckt Orte, die stark an Mittelerde erinnern.


Auf dem Nachhauseweg ist mir aufgefallen, wie seltsam es ist, dass man Anfang November noch bei 25°+ in der Sonne sitzen kann. Und kaum hat man sich damit arrangiert, dass es irgendwie doch noch Sommer ist, merkt man, dass die Sonne trotzdem schon um fünf Uhr nachmittags untergeht.

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Sonntag, 29. Oktober 2017
Ein italienischer Sonntag
Heute Mittag habe ich eine Nachricht von einer Freundin bekommen, ob ich nicht Lust auf ein gemeinsames Mittagessen hätte. Ich bin habe mich also restaurantfertig gemacht um dann festzustellen, dass wir zu einer Freundin zu ihr gehen, die nur zwei Minuten von mir entfernt wohnt. Ich saß also plötzlich mit drei Italienern und einer Katze auf einer Dachterrasse in der Sonne.
Begonnen hat das Essen mit etwas Brot. Dann ging es weiter mit Reissalat (mit Oliven, Rucola, Tomate und Gewürzen), eingelegtem Kürbis, Linsensalat, buntem Salat und mehr Brot. Wenn man in der Sonne sitzt gibt es nämlich kaltes Essen.
Zum Nachtisch gab es für jeden einen Obstteller. Darauf waren eine Khaki, gefrorene Granatapfelkerne und indische Feige mit Salz, frischer Minze und Zitronensaft. Letzteres hat geschmeckt, wie ein Cocktail, es war nur eben nicht flüssig.


Nach dem Nachtisch gab es dann einen Teller Maronen. Ich habe noch nie Maronen gegessen und kenne sie nur aus dem Die Kleine Hexe-Buch, wo der Maronimann im Winter gefroren hat, weil er die ganze Zeit draußen stehen musste.
Wir saßen also in der Sonne, haben uns die Bäuche vollgeschlagen und die Katze beobachtet, die nicht nur aussieht, wie ein Kissen auf Beinen, sondern auch viel weicher ist, als andere Katzen. Das liegt wahrscheinlich daran, dass sie gerade mal fünf Monate alt ist.
Als die Sonne hinter dem Berg verschwunden war sind wir nach drinnen gegangen, wo wir weitergeredet und mit der Katze gespielt haben, bis wir in ein Café gegangen sind, wo wir Tee / Kaffee / Cappuccino und Gebäck hatten.
Nun bin ich vollgefressen und verstehe, warum es La Dolce Vita (das süße Leben) heißt.

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Verkehr
In Italien darf man ab 18 Jahren ein Auto fahren. Ab 17 mit erwachsener Begleitung. Motorroller sind aber schon ab 14 erlaubt, weshalb es davon sehr viele gibt, vor allem kurz nach Schulschluss sieht man sie überall. Aber auch Erwachsene nehmen oft den Roller, da man damit Staus umkurven kann und besser einen Parkplatz findet.

Trotzdem sind die Straßen fast immer voll, da ja der ÖPNV nicht wirklich eine Option ist, wenn man ein eigenes Fortbewegungsmittel besitzt.
Die Autos an sich lassen einige Fragen offen, die von „Ist das aus Pappe? Und warum hat es nur drei Räder?“ bis hin zu „Der Crysler sieht aber neu aus. Und gewaschen. Was macht so einer in Modica?“ reichen. Tatsächlich gibt es hier auffallend viele Fiat Pandas. Ich habe keine Ahnung, warum. Aber es sind so viele, dass es sogar MIR auffällt!
Auch aus den Nummernschildern werde ich nicht schlau. Hier gibt es nämlich nicht die Regelung, dass der Ort aus den ersten Buchstaben ableitbar sein muss. Zwar haben einige wenige (sehr wenige!) RG-Kennzeichen, was für Ragusa, die nächst größere Stadt stehen könnte, aber dann müssten es viel mehr sein. Und es gibt viel mehr Autos mit IC-Kennzeichen. Das lässt wiederum auf Ispica schließen. Diese Stadt ist allerdings viel kleiner und weiter weg als Ragusa. Und MO, MD oder ähnliches ist mir noch nicht aufgefallen.
Der allgemeine Fahrstil ist eher rücksichtslos. Aber auf eine sehr rücksichtsvolle Art und Weise. Niemand hält sich hier an die Regeln und alle akzeptieren das. Trotzdem wird ständig gehupt. Aber es ist meist ein freundliches Hupen, denn so begrüßt man sich hier. Ab und an bleibt ein Auto auch mal mitten auf der Hauptverkehrsstraße stehen, damit sich der Fahrer/ die Fahrerin mit jemandem auf dem Fußweg oder in einem anderen Auto unterhalten kann. Da müssen alle anderen schon mal warten, aber wenn es nicht zu lange dauert, nimmt man das schon mal in Kauf, schließlich macht man es ja selber auch. Nur wenn ein Bus aufgehalten wird ist es nicht in Ordnung. Obwohl sie nur wenig genutzt werden, anscheinend gelten „Bus hat Vorrang“-Regelungen überall.
Vielleicht nicht undbedingt an Schulen, an denen die Schüler nach Unterrichtsschluss über die Straße müssen. Dort haben die Verkehrspolizisten das Recht, auch Busse anzuhalten. Ja, richtig gelesen. Verkehrspolizisten. Keine Schülerlotsen, die aus den fünften und sechsten Klassen kommen und in neonorangen Westen auf die Straße springen. Hier machen das Polizisten in Ausgehuniform. Und mit Hut!
Bisher habe ich noch keine Ampeln in Modica gesehen. Dafür gibt es Kreisverkehre und viele Zebrastreifen. Ich habe das Gefühl, dass die Autofahrer hier weniger von den Zebrastreifen genervt sind, als in Deutschland. Vielleicht, weil es hier sonst keine Möglichkeit gibt, stark befahrene Straßen zu überqueren und das jeder einsehen kann. Vielleicht aber auch, weil es eine gute Möglichkeit ist, Leute anzugucken, die vor dem eigenen Auto vorbeilaufen. Außerdem hat man hier ja Zeit für soetwas, weil Pünktlichkeit relativ ist.
Radfahrer sieht man übrigens kaum. Und wenn, dann tragen sie diese professionell anmutenden Radleruniformen und sitzen auf Rädern, die sehr teuer aussehen. Ansonsten tut sich das hier niemand an. Einfach, weil die Steigungen zwischen Modica Bassa und den umliegenden Teilen Modicas viel zu steil sind. Ab und an sieht man Jungs auf Skateboards in Modica Sorda, aber das war es auch schon. Alle anderen sind auf motorisierten Gefährten unterwegs.
Es sei denn natürlich, man steigt in eine Kutsche!

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Montag, 23. Oktober 2017
Ein Tag am Meer und ein Abend wie Pretty Woman
Eigentlich sollte es bei dem einen Blogeintrag für heute bleiben, aber dann hat eine Freundin gefragt, ob ich nicht Lust hätte, mit ihr ans Meer zu fahren. Und die hatte ich!
Also sind wir mit dem Bus nach Pozzallo gefahren. Dort haben wir uns auf den Weg zum Strand gemacht. Es war der gleiche Strand, den ich schon auf meiner Fahrt nach Noto gesehen habe.


Bevor wir tatsächlich ans Wasser gegangen sind, haben wir in einer Gelateria vorbeigeschaut und sind dann mit Gelato in der Hand in Richtung Wellen geeilt. Sobald wir Sand unter den Füßen hatten, haben wir die Schuhe ausgezogen und die Hosenbeine hochgekrempelt. Aber nicht hoch genug! Ich war bis über die Knie nass, aber das hat mir gar nichts ausgemacht. Es waren nämlich zum ersten Mal seit Wochen wieder 27°C und keine einzige Wolke am Himmel! Wir sind den ganzen Strand auf- und wieder abgelaufen.


Dann sind wir barfuß ein Stück ins Stadtzentrum gelaufen, wo wir die Schuhe wieder angezogen haben, weil
1. die Leute geguckt haben und wir nicht die offensichtlichsten Touristen der Insel sein wollten (siehe letzter Blogeintrag) und
2. unsere Füße mittlerweile trocken waren.
Wir sind an idealen Kletterbäumen vorbei zu einer Art Gehe gegangen, wo es Schweine, Ferkel, Enten, Schwäne, Kaninchen und Pfauen gibt.

Wir haben uns also die Tiere angeschaut und sind dann weiter zu einem anderen Strand, der gleich in der Nähe ist.
Dort habe ich gleich wieder meine Schuhe ausgezogen. Die ganze Zeit über haben wir die Farbe des Wassers bewundert. Und das Wetter. Und wie gut wir es haben, an diesem Tag hier zu sein. Und überhaupt ist das Leben schön!

Nun ging es langsam auf den Abend zu und die Pozzalloer Bevölkerung kam aus den Häusern um die Hauptstraße entlangzuflanieren. Und wir mit ihr. Es gab sogar eine Vespa-Kolonne in der 40+ Vespas (Vespen?) die Straße entlanggefahren sind. Einige von ihnen laut hupend.

Wir haben uns dann auf den Weg zur Bushaltestelle gemacht.

Diese befindet sich am Stadtrand neben einem verwilderten Feld, das durch einen Zaun von dem schmalen Fußweg getrennt ist. Wie wir dort standen, zwischen den Büschen am Rand einer großen Straße habe ich als Scherz gesagt, dass wir wie Prostituierte aussehen müssen. Tatsächlich sind einige Autos mit männlichen Fahrern sehr langsam an uns vorbeigefahren, was wir gleichzeitig unangenehm, aber auch sehr lustig fanden. Einige Leute haben sogar gehupt, als sie direkt neben uns waren! Ein Auto hat in dem nahegelegenen Kreisverkehr sogar gewendet, um noch einmal an uns vorbeizufahren. In den Moment kam unser Bus, also haben wir unsere Hand rausgehalten um dem Busahrer zuzuwinken, damit er anhält. Das muss der Kreisverkehrwender als Zeichen an sich selbst verstanden haben, da er sofort anfing, uns aus dem offenen Fenster entgegenzugrölen.
Wir sind lachend und kichernd in den Bus gestiegen und haben angefangen Witze zu machen wie:
„Wir sollten unserer Chefin erzählen, dass sie uns zu wenig zahlt und wir uns Wochenendjobs nehmen mussten. Und dass sie da jeden in Pozzallo fragen kann.“
„Mensch, wenn der Bus fünf Minuten später gekommen wäre, hätten wir uns unser Fahrtgeld wieder rausarbeiten können.“
„Wir können Zuschläge nehmen, weil wir natürlich blonde Haare haben und Masterabschlüsse!“
„Wir können nie wieder nach Pozzallo!“
Alles in allem war es ein toller und lustiger Tag, der sich an DIESEM Ort wohl leider nicht so schnell für mich wiederholen werden kann…

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Touristen
WARNUNG: In diesem Blogeintrag wird viel generalisiert. Nicht jedes „alle(s)“ oder „immer“ bezieht sich tatsächlich auf 100% der Fälle, trotzdem sind meine Schilderungen nicht unbegründet.


Ich lebe im Stadtzentrum der Altstadt, vier Minuten Fußweg vom Zentrum allen Geschehens entfernt. Näher dran an allem, als es in Erfurt der Fall war. Jeden Tag laufe ich die „Hauptpulsader Modicas“ entlang, auf dem Weg zum Bus. Ich sehe jeden Tag viele Touristen. Und um die soll es heute gehen.

Es gibt viele Touristen in Modica. Immer noch. Obwohl es schon fast nicht mehr Oktober ist, laufen sie noch in kurzen Hosen und Kleidchen durch die Innenstadt. Daran kann man sie gut erkennen. An den Sommerklamotten. Dabei sind es auch hier nur noch 20°-23°C. Aber wenn man einen Mittelmeer-Urlaub bucht, dann zieht man sich auch so an!
Man erkennt die Touristen auch an den Sonnenhüten und den Multifunktionsrucksäcken. Italiener würden niemals etwas unstylisches tragen, nur weil es praktisch ist! Außerdem haben die Touristen oft einen Stadtplan oder Reiseführer in der Hand, bleiben mitten im Weg stehen um Fotos zu machen und vor allem: Sie sprechen nicht Italienisch.
Die meisten von ihnen sprechen tatsächlich Deutsch. Mittlerweile kommen sie nicht mehr als Familie (weil die Ferienzeit in Deutschland vorbei ist), sondern sind in Gruppen von 4 bis 8 Leuten unterwegs. Ganz selten mal nur ein Paar. Keiner von denen ist jünger als Mitte vierzig.
Dann gibt es noch die britischen Touristen, eher selten, aber manchmal hört man sie. Öfter trifft man dafür Amerikaner. Ganz selten auch Menschen, die eine osteuropäische Sprache miteinander sprechen.
Aber gibt es einen Unterschied zwischen den Nationen? JA!
Die Briten finden Modica interessant.
Die Amerikaner finden alles „Awesome“ (krass/großartig) oder „Cute“ (süß, niedlich).
Die deutschen Familien finden es hier schön und hübsch.
Die älteren deutschen Gruppen finden erstmal gar nichts. Sie sind nur ständig der Meinung, dass sie ein Recht auf XY haben, schließlich lebe diese Insel ja vom Tourismus und könne sich gar nicht anders finanzieren, sie tun den Leuten hier schließlich mit ihrer bloßen Anwesenheit einen Gefallen!
Das habe ich tatsächlich mehrmals gehört, von verschiedenen Personen! Deutsche reden nämlich aus irgendeinem Grund sehr Laut, wenn sie denken, dass niemand sie verstehen kann….
Manchmal würde ich gern anhalten und ihnen sagen, dass Sizilien der größte Exporteur von Biowaren in ganz Italien ist. Und dass niemand sie gebeten hat doch herzukommen, um die Wirtschaft hier zu unterstützen. Aber dann traue ich mich nicht, weil einige von ihnen Walking-Stöcke haben und mich damit pieksen könnten.

Was ich mit all dem sagen will: Bitte seid wie die britischen Touristen. Oder die Amerikanischen. Oder wie die deutschen Familien. Aber denkt nicht, dass euch keiner versteht, wenn ihr über das Land und die Leute lästert, die euch mit Sonne und großartigem Essen versorgen.

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Sonntag, 15. Oktober 2017
Arbeit
Viele fragen, was genau ich denn hier in Süd-Süditalien (Wortschöpfung der Tante!) mache. Also geht es heute mal um meine Arbeit.
Ich bin in einer Sprachenschule, wo Fremdsprachenkurse für alle Altersstufen angeboten werden. Hauptsächlich Englisch. Also bisher eigentlich nur Englisch, aber es gibt wohl bald auch einen Deutschkurs. Obwohl das akademische Schuljahr schon begonnen hat, sind wir Lehrer bisher nur Halbzeit beschäftigt, weil einige Schüler noch nicht mitbekommen haben, dass es schon losgeht. Darum schauen wir jeden Freitag gespannt auf unsere Pläne für die nächste Woche um zu sehen, ob ein Kurs (und vor allem was für einer!) dazugekommen ist.
Ich war am Anfang sehr nervös weil ich auch Teenager und Erwachsene unterrichten sollte, womit ich ja gar keine Erfahrung habe. Das hat sich aber als gar nicht so schlimm herausgestellt. Die sind nämlich zum Großteil da, weil sie etwas lernen wollen und nicht, weil die Eltern mal zwei Stunden Zeit für sich brauchen. Tatsächlich genieße ich meinen Erwachsenen-Kurs richtig, weil auch Gespräche zustande kommen und man auch kurz abschweifen kann um ein bisschen Grammatik zu erklären, ohne dass sofort alle irritiert sind, dass man nicht mehr über Vokabeln spricht.
Was kompliziert ist, ist die Kommunikation mit den Kleinen (6 und jünger), auch wenn mein Italienisch besser ist, als ihr Englisch schaue ich trotzdem manchmal die Klasse an und weiß, die haben keine Ahnung, was ich von ihnen will. Und ich weiß nicht, wie ich es anders erklären kann, außer auf Englisch, auf „Italienisch“ oder pantomimisch.
Und ich bin ständig auf der Suche nach Whiteboardmarkern. Wir haben nämlich keine Kreidetafeln. Eins der Whiteboards benutze ich kategorisch nicht, weil man die Farbe nur unter lauten Quietschen und mit viel Kraft und Zeit abbekommt. Das ist im Unterricht echt blöd, darum lasse ich es bleiben.
Was mich aber für alles entschädigt (Kommunikationsprobleme, Markerprobleme, die kleinen Tücken des Lehreralltags) sind die Kolleginnen. Das sind ihrer drei:
- Eine Britin, die mich jeden Tag mit „Hello my love, how are you today?“ (Hallo meine Liebe, wie geht es dir heute?) begrüßt. Wir haben einen sehr ähnlichen Humor und kommen manchmal fast zu spät zu unseren Stunden, weil wir beim Reden die Zeit vergessen.
- Eine Litauerin, die auch auf das Unterrichten von Kindern spezialisiert ist. Sie ist im Vergleich eher ruhig, aber auch sehr lustig und wir reden viel über alles Mögliche.
- Eine Polin, die man nicht unterschätzen darf. Sie wirkt erst fast still, aber wenn man sie ein bisschen besser kennt merkt man, dass es in ihr brodelt.
Gemeinsam bestreiten wir den Schulalltag, mit kräftiger Unterstützung der beiden Sekretärinnen, die hier die eigentliche Arbeit leisten.

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Dienstag, 10. Oktober 2017
Busfahren - Zusatz
Heute war ich zum ersten Mal, seit ich hier wohne nicht 10 Minuten zu früh an der Bushaltestelle. Sondern 2 Minuten zu spät. Dafür war der Bus pünktlich. Das weiß ich, weil er an mir vorbeigefahren ist.
Na toll. Da verlässt man sich EIN MAL darauf, dass man sich hier auf nichts verlassen kann, und dann sowas...
Also habe ich auf den nächsten Bus gewartet, der 20 Minuten später kommen sollte. Und da kam er auch. Genau um 13:45 Uhr.
Es ist als hätte irgendein Buszuständiger meinen Blogeintrag von gestern gelesen und sich gedacht: Der zeigen wir es aber. Wir stimmen jetzt den Bus auf die Zeitanzeige auf ihrem Handy ab.

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Sonntag, 8. Oktober 2017
Busfahren
Während ich mich über den sizilianischen Fernbusverkehr nicht beschweren kann (siehe Blogeintrag vom 13.09.2017), habe ich doch so einiges am ÖPNV zu kritisieren. Ich bin aber ein viel zu positiver Mensch um ständig Leute schlechtzureden. Darum habe ich beschlossen, mich nicht mehr über das System zu ärgern, sondern stattdessen zu überlegen, wie es entstanden ist. Und das muss wohl so passiert sein:

*Wir befinden uns in einem großen, spärlich beleuchteten Konferenzraum. Am Kopfende des ovalen Tisches sitzt der Boss: ein dicker, breitschultriger Mann im maßgeschneiderten Businessanzug, er hat einen gewaltigen Schnurrbart und eine qualmende Zigarette im Mundwinkel. Links von ihm sitzt sein Assistent: ein kleiner, schlaksiger Mann, der sein Cord-Jackett gerademal zur Hälfte ausfüllt. Vor ihm liegen ein Klemmbrett und ein Bleistift. Er rutscht nervös auf seinem Stuhl herum. Rechts vom Boss sitzt der Schriftführer, ein 15-jähriger Schülerpraktikant. Er tippt auf einer klackernden Schreibmaschine mit*
Boss: Okay, Stadtverkehr. Was haben wir für eine Idee?
Assistent: Busse. Da müssen wir keine Schienen legen und können bei Verkehrsstörungen die Strecken umleiten.
Boss: Ausgezeichnet! Machen wir. *Schaut den Assistenten, dann den Schriftführer erwartungsvoll an*
Schriftführer: *skeptisch* Und wie?
Boss: *an den Assistenten gewandt* Und wie? Wie machen wir das?
Assistent: *rückt sich nervös die Brille zurecht, die ihm von der Nase zu rutschen droht* Ja, also, wir brauchen natürlich Busse.
Boss: Wo bekommen wir die her?
Assistent: Also da hab ich mich jetzt leider noch nicht so ganz schlau gemacht…
Schriftführer: *ohne von seinem soeben gezückten Smartphone aufzuschauen* Auf ebay gibt es ein Angebot: ein paar alte Schulbusse und Nahverkehrsbusse aus Deutschland.
Boss: Aus Deutschland?
Schriftführer: *achselzuckend* Ja, also da ist eben noch Werbung für ein Ärztehaus in Wiesbaden drauf, aber nicht auf allen. Und das ist ja eh egal, das kann hier sowieso keiner lesen.
*Boss und Assistent tauschen einen vielsagenden Blick aus*
*Boss schlägt mit der Faust auf den Tisch, Assistent fährt vor Schreck zusammen*
Boss: Gekauft!
Assistent: *hackt etwas auf seinem Klemmbrett ab, befeuchtet seinen rechten Zeigefinger mit der Zunge, blättert auf die zweite Seite* Also, wir haben ja schon geklärt, wo die Haltestellen hinsollen, aber noch nicht, wie sie aussehen.
Boss: Aussehen?
Assistent: Naja, also… Man muss sie ja als solche erkennen können.
Boss: Aha.
*eine lange Stille setzt ein, das klackern der Schreibmaschine verstummt, der Schriftführer sieht sie anderen beiden erwartungsvoll mit erhobener Augenbraue an*
Assistent: Also, in anderen Ländern…
Boss: Ja?
Assistent: *etwas selbstsicherer* … da gibt es Schilder, die die Haltestellen markieren.
Boss: *fröhlich* Machen wir!
Assistent: *lächelt leicht* Und oft gibt es auch Bänke und Wartehäuschen.
Boss: *sichtlich verwirrt* Wartehäuschen?
Assistent: Naja, also, ähm, damit man… Damit man eben nicht nass wird, wenn es regnet.
Boss: Ach so. Na dann… machen wir das auch.
Assistent: Gut *setzt Häckchen auf seinem Klemmbrett* Die Wartehäuschen sind oft gestaltet mit–
Boss: *aufgeregt* Bildern von der wunderschönen Stadt!
Assistent: *wirft dem Schriftführer einen nervösen Blick zu, rückt sich die Brille zurecht* Nein, also eigentlich… sind da meistens Werbeplakate und Liniennetze.
Boss: *sichtlich verwirrt mit gerunzelten Augenbrauen* Liniennetzpläne?
Assistent: *beginnt die schweißfeuchten Hände an seiner Hose trocken zu wischen* Also… das ist praktisch ein Plan der Stadt wo eingezeichnet ist, welcher Bus wo lang fährt…
Boss: *sehr entschieden* Brauchen wir nicht. Das kann man doch den Busfahrer fragen. Der hat doch sonst niemanden zum Reden, wenn niemand in den Bus kommt und ab und an mal fragt, wo er hinfährt. Nee, das wäre ja soziale Isolation. Das machen wir nicht. Wir nehmen einfach schöne Bilder von der Stadt. *schaut den Schriftführer an, als würde um Bestätigung bitten. Schriftführer zuckt mit den Achseln, weil er ein Teenager ist und sich herzlich wenig für irgendetwas interessiert*
Assistent: *kritzelt wild auf seinem Klemmbrett herum* Okay, dann…. Also… der nächste Punkt wäre…
Boss: *lehnt sich in seinem quietschenden Stuhl zurück, die Hände über dem mächtigen Bauch verschränkt, lächelt und nickt zufrieden, ignoriert den Assistenten* … und dann kann man sich die schönen Bilder unserer Hübschen Stadt angucken, während man auf den Bus wartet.
Assistent: Genau, also das wäre, das wäre dann der nächste Punkt. Also die Fahrpläne.
Boss: Fahrpläne?
Assistent: *wirft dem Schriftführer einen Blick zu, der „Hilf mir!“ sagt, wird aber ignoriert, weil Schülerpraktikanten nicht bezahlt werden, erst recht nicht dafür, anderer Leute Job zu machen* Ja, also das sind Pläne, da stehen Zahlen drauf.
Boss: *lehnt sich über den Tisch, bis seine Nase fast die des Assistenten berührt* Zahlen? Was für Zahlen? Wofür braucht man die?
Assistent: *schluckt* Ähm, also, ich habe beobachtet, dass manche Menschen beim Warten gerne auf die Zahlen gucken und dann etwas beruhigter wirken.
Boss: *lässt sich zurück in seinen quietschenden Stuhl fallen* Die Zahlen beruhigen die Menschen? Wo hast du das denn gesehen? In Deutschland? *beginnt laut über seinen eigenen Witz zu lachen, der mittlerweile verglühte Zigarettenstummel fällt ihm aus dem Mund, der Assistent lacht nervös mit, der Schriftführer verzieht das Gesicht und bereut die Entscheidung, sein Praktikum nicht in der Pizzeria seines Cousins Mario zu absolvieren*
Boss: Also keine… Fahrpläne. Zahlen… also wirklich!
Assistent: Naja, aber vielleicht, also ganz vielleicht nur, können wir damit bei den Touristen aus dem Ausland Eindruck schinden. Also Bilder von unserer Stadt in Kombination mit Fahrplänen, das könnte dem ganzen einen… Ähm, kosmopolitischen Hauch verleihen.
Boss: *mit bitterem Gesicht* Okay, also doch Fahrpläne. *beginnt sich die Schläfen zu massieren* Wann fahren die Busse denn immer so?
Assistent: *weiß, dass als sein Boss dieses Gesicht zum letzten Mal gemacht hat, haben vier Leute ihren Job verloren* Ähm, wann sie wollen! Also, dass können die Busfahrer ganz frei gestalten! Also auch nicht nachts oder so! Nein, nachts doch nicht. Und auch am Sonntag nur ganz ganz wenig. Also eigentlich nur wann sie wollen!
Boss: *sichtlich zufrieden mit dieser Antwort* Gut. Das gefällt mir. So, sind wir hier fertig?
Assistent: *zieht den Kopf zwischen die Schultern* Noch eine einzige Sache, Boss.
Boss: Ja?
Assistent: Also, wie, also… Bustickets.
Boss: Na die muss man halt kaufen.
Assistent: In den Bussen im Ausland gibt es so Stempelmaschinen, die die Tickets entwerten, damit man die nur einmal benutzen kann…
Boss: Na dann kaufen wir davon eben auch ein paar. Aber die günstigsten!
Schriftführer: *mit dem Smartphone in der Hand* Also ich könnte hier welche ganz billig bestellen, Porto inklusive, die funktionieren aber alle nicht mehr.
*der Assistent will gerade etwas einwenden, da schlägt der Boss mit der Faust auf den Tisch, dem Assistenten fällt der Bleistift aus der Hand*
Boss: Gekauft!
*mit saurem Gesicht taucht der Assistent unter dem Tisch ab um seinen Stift zu suchen, der Boss schüttelt dem Schriftführer die Hand und verspricht ihm, ihn an das Finanzministerium weiterzuempfehlen*
Assistent: *taucht wieder hinter der Tischplatte auf* Also, wenn ich da mal etwas anmerken dürfte - *rückt sich die Brille zurück, realisiert, dass er der einzige im Raum ist. Der Boss ist mit dem Schriftführer bei Mario zum Pizzaessen*

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Samstag, 7. Oktober 2017
... und nun das Wetter.
Es ist immer noch warm. In meinen ersten eineinhalb Wochen hier lagen die Temperaturen tagsüber in den mittleren Dreißigern. Seitdem ist es etwas abgekühlt und mittlerweile haben wir eher um die 20°C.
Lorenz hat sich gewundert, dass ich meine Tage nicht auf einer Luftmatratze im Mittelmeer verbringe. Dabei hatte ich schon Mittelmeer. Aber leider von oben.
Diese Woche hat es nämlich von Montag bis Donnerstag geschüttet und gewittert. Dafür hat die Sonne gestern geschienen, als würde sie sich peinlich berührt für das Wetter der vergangenen Tage entschuldigen wollen. Auch heute ist es hell und freundlich, als wäre diese Woche nicht der Himmel aufgebrochen um all seine Wassermassen auf Modica fallen zu lassen. Nun liegen wieder die Katzen in den Nebenstraßen und lassen sich von der Sonne das Fell wärmen während sie einen mittleidig anschauen, weil man selbst auf dem Weg zum Einkaufen ist und gerade nicht die Zeit hat, die Sonne zu genießen, weil die Läden hier um 13:30 Uhr zumachen…
Aber das Wetter ist genau richtig. Es ist nicht zu warm um irgendetwas unternehmen zu wollen, aber warm genug, um ohne Jacke nicht zu frieren. Der Himmel hat diese blaue Farbe, die man immer auf Postkarten sieht und einen daran erinnert, dass Photoshop existiert. Nur dass der Himmel hier tatsächlich so aussieht.
Die Touristen laufen trotzig in kurzen Hosen durch die Stadt, es ist ja schließlich erst Oktober und wir sind hier in Süditalien. Da kann man ja wohl Kurze-Hosen-Wetter erwarten! Also werden die auch getragen. Auch wenn alle Einheimischen schon lange Hosen und Ärmel tragen, die Touristen haben Sonne gebucht und die fordern sie auch ein.

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Sonntag, 1. Oktober 2017
Ein Samstagabend in Modica
Seit meinem ersten Tag hier höre ich, wie voll die Straßen von Modica abends sind. Bisher hatte ich das nicht so gesehen, aber gestern Nacht habe ich meine Meinung ändern müssen. Und das kam so:

Ich habe mich mit einer Kollegin, die schon seit einem Jahr hier wohnt, im Stadtzentrum getroffen. Es waren nicht ungewöhnlich viele Leute unterwegs, aber habe ich mir nicht viel dabei gedacht.
Wir sind zum Duomo San Giorgio gegangen, wo laut Aussage meiner Kollegin ein wunderschöner Garten sein sollte. Es hat sich herausgestellt, dass ich tatsächlich schon zwei Mal daran vorbeigelaufen bin, ohne ihn zu bemerken. Dieser Garten gehört zu einer kleinen Bar und sieht nachts aus, wie aus einem Film: Der ganze Garten wird von einer Natursteinmauer von der Straße getrennt und in ihm stehen Oliven-, Zitronen-, und Limettenbäume. Wahrscheinlich auch noch andere, die ich nicht erkennen konnte, weil es schon dunkel war. In den Bäumen hängen Lichterketten, die neben den narnianischen Laternen die einzigen Lichtquellen sind. Man sitzt in Liegestühlen oder auf Holzstühlen, die um kleine Holztische stehen und kann auf den gegenüberliegenden Berghang schauen, an dem die Straßenlaternen und Fenster die barocken Gebäude in ein warmes Licht tauchen. Und dann ist man dort. Unter den Olivenbäumen. Das Ganze wird von sehr italienisch anmutender Musik untermalt, die eine Mischung aus Klassik und Jazz ist.

Eigentlich wartet man nur darauf, dass eine Frau in einem roten Kleid (wie dem aus der Rotkäppchen-Werbung) in den Garten läuft und dramatisch einem attraktiven Mann im maßgeschneiderten Anzug um den Hals fällt. Als wäre man Statist in einem Film.

Nach ca. einer Stunde haben wir gehört, wie unten in der Stadt laut Musik gespielt wurde. Auf dem Weg vom Zentrum zum Park hatten wir entdeckt, dass auf der Treppe zur Chiesa San Pietro Scheinwerfer und Bildschirme aufgestellt worden waren. Da diese Woche eine Hochzeitsmesse im Zentrum war, hatten wir uns schon gedacht, dass das dazu gehört muss und beschlossen, zu schauen, ob es etwas zu sehen gibt. Und das gab es!

Wir hatten die ersten 10 / 15 Minuten verpasst, aber das war nicht weiter schlimm. Wir waren gerade pünktlich zur Brautkleidpräsentation! Es kamen also Models in langen weißen Kleidern, die mal mehr, mal weniger glitzerten, die Kirchentreppen hinunter.

Auf die erste Runde Brautkleider folgte eine zweite. Dann gab es entweder sehr unkonventionelle Brautkleider oder Brautjungfernkleider, da bin ich mir nicht so sicher.


Es gab auch eine Runde mit Kindern in weißen Kleidern und Anzügen. Das Beste waren zwei kleine Jungs, die gerade so laufen konnten und daher von Frauen (den Müttern?) in eleganten Kleidern rausgeführt wurden. Beide Jungs waren offensichtlich höchstens am Tag zuvor beim Friseur gewesen und trugen kleine Anzüge. Und weil all diese Eleganz Kindern unter zwei Jahren relativ egal ist hatten beide noch ihre Nuckel im Mund, während alles um sie herum in glitzerte, glänzte und seeehr teuer aussah.
Es gab auch eine handvoll Männer, die Anzüge vorgeführt haben, aber ich bin mir nicht sicher, ob es nicht immer die gleichen Anzüge waren…
Außerdem muss ich anmerken, dass es unter den Models zwei Blondinen gab, die immer zu erst rausgekommen sind und somit ganz unten direkt vor dem Publikum standen. Blond scheint hier wohl wirklich etwas Besonderes zu sein...

Aber der eigentliche Grund, weshalb wir dort fast drei Stunden lang standen, war die Zeit zwischen den Brautmodenschauen. Während sich die Models umgezogen haben, wurde eine Show veranstaltet. Es gab eine Moderatorin, die den Abend moderiert und die verschiedenen Acts angesagt hat. Darunter waren:
-Eine Opernsängerin, die Pucchini und Verdi gesungen hat
-Ein Geschwisterpaar, dass auf internationalem Level in Tanzmeisterschaften antritt und in sehr glitzernden Klamotten zu einem Lied getanzt hat, zu dem niemand mit seinem Bruder / seiner Schwester tanzen sollte (was den Text betrifft)

-Eine Gruppe Teenager, die das Gaston-Lied aus Die Schöne Und Das Biest gesungen und getanzt haben

Dann gab es ein LED-Hochzeitskleid, Nebelmaschinen, einen Bühnenmanager, der sich zwischendurch das Mikrophon geschnappt und die Moderatorin unterbrochen hat, eine Frau mit E-Gitarre, die zwischen Models stand und getan hat, als würde sie spielen und singen, Feuereffekte und noch so viel anderes Kurioses, dass ich mir gar nicht merken konnte. Und das alles auf Kirchenstufen! Dagegen sind die Domstufenfestspiele Valium!
Genauso stelle ich mir harte Drogen vor: plötzlich ist laut, bunt und skurril. Aber meine Kollegin hat nur gesagt, dass das alles sehr italienisch sei.
Als wir nach der Show, kurz vor Mitternacht, durch die Straßen gelaufen sind habe ich endlich verstanden, was alle mit „Abends sind die Straßen voll“ meinen. Die Straßen waren VOLL! Kaum Platz auf den Fußwegen, alle aufgedonnert und zurechtgemacht, die meisten Frauen auf hohen Absätzen in Kleidern, in denen sie bestimmt gefroren haben. Unglaublich. Als wäre es Sylvester!
Das erklärt auch, warum hier alle Mittagsschlaf machen. Wenn man bis weit nach Mitternacht unterwegs ist, teilweise mit kleinen Kindern, dann muss man den Schlaf eben mitten am Tag nachholen.

Bezüglich eines mittlerweile behobenen Tippfehlers wurde ich gefragt, was man sich denn unter einem "Brautleid" vorstellen kann. Und dazu kann ich nur sagen: SOLCHE Treppen auf SOLCHEN Absätzen mit SO LANGEN Kleidern hinabsteigen zu müssen ohne dabei fluchen zu dürfen, dass ist wohl die wahre Bedeutung von "Leid".

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Sonntag, 24. September 2017
Afrika und Bayern
Statt der ständigen Vergleiche Modicas mit Bolivien möchte ich heute einem anderen Ansatz folgen. Sizilien ist nämlich eigentlich Afrika. Aber auch irgendwie Bayern…

Sizilien wird von den italienischen Festlandbewohnern „Nordafrika“ genannt. Hauptsächlich weil diese Insel Afrika näher ist als Rom. Tatsächlich werden die Städte hier gar nicht so selten mit einer dünnen gelben Staubschicht überzogen, die man vor allem auf Autos sieht oder die der Regen an die Fenster klebt. Dieser gelbe Staub wurde vom Wind hierhergetragen: aus Afrika.
Auch der Boden auf dem man läuft (zumindest in Südsizilien) ist geologisch gesehen afrikanisch. Vor vielen Millionen Jahren ist ein Stück Festland von der afrikanischen Platte abgebrochen und Richtung Europa gedriftet. Dort hat sich das Stückchen Afrika auf ein kleineres Stückchen geschoben, das von Europa abgebrochen war. Die so entstandene Insel ist heute Sizilien. Man sieht sogar noch, wo sich die beiden Erdmassen getroffen und gegenseitig hochgeschoben haben: Im Norden der Insel gibt es eine Gebirgskette, die man auf den meisten Karten nicht übersehen kann.

So viel also zum erdgeschichtlichen Hintergrund der Insel. Sizilien ist ein bisschen Afrika, das ist klar. Aber warum Bayern?

Wenn man sich anhört, was die Festlanditaliener über Sizilien sagen, dann erinnert mich das an alles, was Deutsche über Bayern denken:
- „Die sind da im Süden in ihrer eigenen Welt“ Joa, isolierter als auf einer Insel geht es fast nicht.
- „Die reden komisch, man versteht die gar nicht.“ Tatsächlich sind sich Linguisten nicht einig, ob Sizilianisch nur ein Dialekt oder eine eigenständige Sprache ist. Die meisten tendieren eher zur Sprache. Wenn man jemanden mit starken Sizilianisch bittet, das ganze nochmal auf Italienisch zu wiederholen lächeln sie nett, sagen „Natürlich!“ und wiederholen ihr Kauderwelsch.
- „Die essen komische Sachen. Es schmeckt ja nicht schlecht, aber seltsam ist es schon“ Ich habe jetzt schon zwei Formen entdeckt, wie die Sizilianer Reis mit Käse essen: Als frittierte Bällchen und als Suppe. Letztere scheint tatsächlich nur aus Reis, Käse, Wasser und Salz zu bestehen. Aber es gibt aufgrund der Insellage natürlich auch überall Fisch und seltsam anmutende Meeresfrüchte.
- „Die haben eine eigene Vorstellung von Mode“ Hier läuft zwar niemand in Lederhos‘n und Dirndl rum, aber im Vergleich zum Rest Italiens ist man hier wohl etwas entspannter, was die Kleidungswahl betrifft. Die meisten Italienischen Touristen, die hier mit Reiseführern durch die Stadt laufen, erkennt man tatsächlich daran, dass sie aussehen, als hätten sie mehr Zeit in ihr Outfit investiert, als die Einheimischen. Aber das kann auch daran liegen, dass man für so etwas im Urlaub mehr Energie und Nerven hat.
- „Die sind sehr katholisch.“ Ja. Im Gegensatz zum Rest des Landes ist der Süden (vor allem Sizilien) religiöser als der Norden (den Vatikan ausgenommen, die Leute dort sind im Durchschnitt wahrscheinlich gläubiger als Süditaliener). Modica ist beispielsweise auch bekannt als Die Stadt der Hundert Kirchen. Und das bezieht sich nur auf Modica Bassa! Tatsächlich sind hier überall Kirchen: große und kleine, restaurierte und renovierungsbedürftige, mit und ohne Turm, … Manchmal läuft man durch die Stadt, biegt um eine Ecke und plötzlich steht dort eine Kirche. Hier überragen die Kirchen nämlich nicht immer die umstehenden Gebäude, das machen nur die Dome im Zentrum.
- „Die wollen mit dem Rest des Landes nicht so wirklich etwas zu tun haben.“ Gerüchten zufolge versucht Bayern wohl öfters mal, ein eigenes Land zu werden. Auch Sizilien würde manchmal lieber sein eigenes Ding machen. Das hat mit der Geschichte des Landes zu tun. In einem Buch habe ich gelesen, dass man sich Sizilien in dieser Hinsicht vorstellen kann wie eine Frau. Über Jahrhunderte wurde sie von verschiedenen Männern heimgesucht, überfallen und dominiert. Vor allem Griechen und Araber, aber auch andere Europäer und Afrikaner. Und jedes Mal ging es Sizilien danach schrecklich und die Männer haben sich über ihre Eroberungen gefreut. Eines Tages kam dann Italien und hat beschlossen, Sizilien aufzunehmen und zu beschützen, aber verständlicherweise hat Sizilien immer noch trust issues, oder auf Deutsch: Es fällt ihr schwer, anderen zu vertrauen. Darum hat Italien ihr tatsächlich einige Freiheiten eingeräumt, damit sie sich nicht zu bedrängt fühlt. Und es läuft mittlerweile wirklich gut mit den beiden.

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Montag, 18. September 2017
Auf dem Amt
Ich war heute auf dem Amt um mich bei der Stadt (und im Land) anzumelden.
Eine der Sekretärinnen aus der Schule ist mit mir hingefahren. Ich sollte nur meinen Pass mitbringen.
Wir haben das Gebäude betreten und sie hat am Empfang gemeldet, wofür wir da sind. Daraufhin hat haben wir zwei Blätter bekommen, die ausgefüllt werden sollten: Name, Geburtsdatum und -Land und eine Adresse unter der ich erreichbar bin. Dann hat der Herr am Schalter eine Kopie meines Ausweises gemacht und wir haben eine Nummer gezogen. Nach ca. 30 Minuten sind wir an den uns zugewiesenen Schalter gegangen, wo ein Herr mit Halbglatze und weißem Zopf meine Daten von den Formularen in seinen Computer übertragen hat.
Daraufhin spuckte der Drucker zwei Blätter aus, die sofort gestempelt wurden. Eins habe ich bekommen, das andere hat er behalten. – Fertig.
Das war’s.
Als wir wieder im Auto saßen habe ich gefragt, ob ich jetzt noch mit einer Kopie meiner Geburtsurkunde hingehen muss oder um einen Stempel in meinen Pass zu bekommen, der meinen Wohnortwechsel belegt oder den Arbeitsaufwand bezahlen, aber mir wurde versichert, dass das alles gewesen war.
Als wir danach in der Schule ankamen entschuldigte sich Catherine, meine Chefin, dafür, dass die Ämter auf Sizilien alle so umständlich und mit so viel Aufwand und Papierkram verbunden sind. Da habe ich ihr erzählt, dass das in Deutschland ganz anders ist, von den Wartezeiten in Berlin mal ganz zu schweigen. Das kann sie sich nicht so richtig vorstellen…

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Donnerstag, 14. September 2017
Briefmarken
Wie bereits erwähnt ist es gar nicht so einfach, hier an Briefmarken zu kommen. An so gut wie jedem Geschäft, in dem man Ansichtskarten kaufen kann steht ein Schild das verkündet, dass man dort Briefmarken kaufen könne. Kann man nicht. Ich habe nachgefragt. In jedem. Einzelnen. Geschäft.
Irgendwer hat mir dann gesagt, dass man Marken auch bei der Post oder in den Tabakläden gibt. Gefühlt kommt hier ein Tabakladen auf zehn Einwohner. Und da man dort neben Zigaretten auch alles kaufen kann, was es sonst so in deutschen Kiosken gibt, habe ich auch dort mal nach Briefmarken gefragt. „Nein, sowas hatten wir noch nie.“ Na toll…

Also bin ich heute zur Post gegangen. Wenn irgendwer Marken hat, dann ja wohl die Post.
Die Dame am Schalter hat mich gefragt wohin die Karten sollen und wie viele ich brauche und ist dann durch eine Tür in den hinteren Teil der Filiale verschwunden.
Es scheint schon laaange niemand mehr nach Marken gefragt zu haben, denn nach ca. 3 Minuten kam sie wieder und fragte eine Kollegin am anderen Schalter. Sie verschwand wieder hinter der Tür, diesmal für sechseinhalb Minuten (ich habe auf die Uhr geguckt) und kam dann mit den Briefmarken wieder. Von Weihnachten 2016. Anscheinend hat seitdem niemand mehr Postkartenbriefmarken gekauft. Das wundert mich, weil die Touristen in den normalen Läden ja gar keine Marken bekommen! Wer weiß…
Falls Ihr also Karten bekommt und die Briefmarken euch ein schönes Weihnachtsfest 2016 wünschen: Ignoriert das einfach.

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Mittwoch, 13. September 2017
Mein Tagesausflug nach Noto oder: The Long Way Home
Eigentlich wollte ich über meinen Tag in Noto schreiben. Über die barocke Altstadt, die besser erhalten ist als die von Modica. Darüber, wie ich auf einen Kirchturm gestiegen bin und die ganze Stadt überblicken konnte. Über die Cattedrale di San Nicoló, die so saniert ist, dass sie fast minialistisch und nur wenig beeindruckend ist. Darüber, dass mir einfach niemand Briefmarken verkaufen kann, weshalb ich die bereits geschriebenen immer noch nicht losgeschickt habe. Und über das Museo Civico, in dem die Stadtgeschichte in einem wunderschönen Gebäude ausgestellt wird.

Aber das kann man alles googeln. Außerdem beschäftigt mich etwas anderes gerade viel mehr. So sehr, dass ich, obwohl ich wirklich müde bin, jetzt noch unbedingt loswerden muss, was mir da passiert ist. Ich bin nämlich der festen Annahme, dass das alles in Deutschland nicht so gut geklappt hätte. Ja, richtig gelesen. In Deutschland wäre mein Heimweg ins Wasser gefallen.
Aber von Anfang an: Ich bin mit dem Fernbus von Modica nach Noto gefahren und habe beim Aussteigen den Busfahrer gefragt, ob der Bus zurück an der gleichen Stelle hält und wann er denn komme. Der Busfahrer hat mir versichert, dass der Bus nach Modica um 18.20 Uhr an der gleichen Haltestelle hält, bevor er nach Modica fährt.
Also war ich 17.50 Uhr an der Haltestelle und habe in jedem Bus des Busunternehmens gefragt, ob er nach Modca fährt. „Nein, der fährt später“, habe ich zur Antwort bekommen, was ich nachvollziehen konnte. Dann war es 18.25 Uhr und ein alter Mann hat mich an der Haltestelle angesprochen. Erst dachte ich, er ist seltsam und hat sonst niemanden zum Reden, aber dann stelle sich heraus, dass die Fernbusse, die an dieser Haltestelle ankommen und abfahren so eine Art Hobby von ihm sind und er hat mir erzählt, dass der Bus nach Modica immer um 18.45 Uhr kommt. Also habe ich gewartet.
Um 19.00 Uhr kam ein Bus des gleichen Unternehmens, aber mit anderem Ziel. Der alte Herr hat den Busfahrer gefragt, ob er nach Modica fährt und Fahrer hat verneint. Dann wurden viele laute Sätze gewechselt, in einem Dialekt, den ich nicht verstehe, woraufhin der Busfahrer mich dann irgenwann reingewunken hat.
Ich bin also in den Bus gestiegen. Wie das so ist bei Fernbussen, sind verschiedene Leute an verschiedenen Stationen ausgestiegen. Die letzen an der Endhaltestelle in Ispica. Dann war ich ganz allein im Bus. Der Fahrer ist nur für mich weitergefahren. Bis nach Modica. Dort hat er am äußerten Stadtrand angehalten, auf eine Bushaltestelle gezeigt und mir gesagt, da solle ich auf den nächsten Bus nach Modica Bassa (der Teil der Stadt, in dem ich wohne) warten.
Das habe ich dann gemacht. Mittlerweile war mir kalt und ich hatte Hunger. Ich habe schon überlegt, wie viel wohl ein Taxi durch die ganze Stadt kostet (ich war wirklich am ANDEREN Ende der Stadt), als ein Bus kam. Ich bin reingegangen und wollte den Busfahrer gerade fragen, ob er nach Modica Bassa fährt, als er fragte: „Bist du die, von der sie mir erzählt haben?“ Ich war gar nicht vorbereitet auf die Frage, weil ich so damit beschäftigt war, meine eigene Frage „Fahren sie nach Modica Bassa?“, im Kopf zu üben. Also habe ich nur „Hm?“ gesagt. „Bist du die, von der sie mir erzählt haben? Die nach Modica Bassa will?“ Ich war ganz perplex und habe „Ja“ gesagt, mich bedankt und bin eingestiegen.
Als der Bus dort ankam, wo ich hinwollte, bin ich ausgestiegen und habe von außen gesehen, wie der Busfahrer durch den Rückspiegel den Passagierraum des Busses abgesucht hat. Als er mich nicht entdecken konnte, hat er zur Haltestelle geschaut, von wo aus ich ihm zugewunken habe. Er hat gelächelt und genickt und ist weitergefahren.
Das wäre niemals so in Deutschland passiert.
Erstens würde dort niemand am Busbahnhof fremde Leute ansprechen und ihnen erzählen, wann ihr Bus fährt. Und selbst wenn, dann würde diese Person sich nicht die Mühe machen, einen Busfahrer dazu zu überreden, für eine Fremde Überstunden zu machen. Und selbst wenn, dann würde der Busfahrer niemals einwilligen. Und selbst wenn, dann würde der Fernbus-Busfahrer doch keinem Nachverkehrs-Busfahrer sagen, er solle nach jemandem Ausschau halten und dafür sorgen, dass die dahin kommt, wo sie hinwill.
Nein, in Deutschland wäre mein Bus nach Modica entweder planmäßig gekommen oder ich hätte mir ein Hotelzimmer in Noto nehmen müssen. Aber so bin ich mit Privatchauffeur durch Südsizilien gereist. Für einen einmaligen Preis von 3,20€.

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Sonntag, 10. September 2017
Sonntagsgedanken
Noch ein paar Worte zur Fahrt von Catania nach Modica:
Wer die Rückblicke in Don Corleones Kindheit aus Der Pate II vor Augen hat, kann sich ziemlich gut vorstellen, wie die Sizilianische Landschaft aussieht. Nur heute eben mit einigen Strommasten und Schnellverkehrsstraßen.

Dass die Sizilianer Katzen mögen (man erinnert sich an die berühmte Szene, im ersten Teil, in der Don Corleone liebevoll eine Katze streichelt, während er einem Bittsteller ein Angebot macht, das dieser nicht ablehnen kann), scheint auch zu stimmen. Eine hat mich sogar an meinem ersten Abend auf meinem „Balkon“ begrüßt und sich streicheln lassen! Und ich habe schon so viele Katzen und Kätzchen durch die Straßen streifen oder auf Stufen und Dächern schlafen sehen, dass ich nach nur dreieinhalb Tagen einen Katzenkalender erstellen könnte.
A pro pos schlafen: Der Mittagsschlaf ist hier sehr wichtig. Die Geschäfte haben zwischen ca. 12:30 Uhr und ca. 16:30 Uhr zu (genaue Zeiten variieren von laden zu Laden). In den Wohngegenden sind alle Fensterläden zu und aus nur wenigen Häusern ist Gemurmel, Geschirrgeklapper oder ein leiser Fernseher zu hören. Sowohl in der Woche (soweit ich das beurteilen kann) als auch am Wochenende.

Heute bin ich übrigens den Weg vom Busbahnhof zu meinem Haus abgelaufen. Wer vorhat, mich besuchen zu kommen, kann sich gleich auf einen 15 bis 20-minütigen Stadtspaziergang einstellen. Für die Strecke nehme ich keinen Bus, da braucht man doppelt so lange und muss trotzdem die halbe Strecke laufen.

Ich habe auch einen Ausflug zur Chiesa di San Giorgio gemacht, dem größten Dom der Stadt.



Auf dem Rückweg ist mir aufgefallen, dass Modica einer dieser Orte ist, an denen man sich gerne verläuft. Überall gibt es schöne Häuser, Gärten oder Panoramablicke über die Stadt.

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Freitag, 8. September 2017
Erste Eindrücke
Als ich im Bus vom Flughafen in Catania nach Modica saß und aus dem Fenster sah, hat mich alles ein bisschen an Bolivien erinnert: Ein bisschen Santa Cruz, ein bisschen Sucre, ein bisschen La Paz. Zwischendurch verlassene Gebäude mit teilweise eingestürzten Mauern auf hohen Felsen und, wenn man sich umdreht und nach hinten schaut, den riesigen Kegel des Etna, der alles andere überragt.
Sogar der Fahrstil des Busfahrers hat sehr an den der bolivianischen Fahrer erinnert.

In Modica angekommen hatte ich ca. eine halbe Stunde Zeit, auf meine Chefin zu warten, die mich abholten und zu meiner Wohnung führen wollte. In dieser halben Stunde habe ich es mir nicht nehmen lassen, mich schon einmal umzusehen. Auch die Gegend um den Busbahnhof sieht aus, wie Bolivien. Ich lasse diesen Vergleich jetzt, da hier alles ein bisschen (bzw. sehr) danach aussieht.

Ich habe eine private Stadtführung durch Modica bekommen. Von einem echten Modicaner(?), der (ganz italienisch) Luigi heißt. (Aber er hat keinen Bruder namens Mario, dafür ein kleines rotes Auto)
Modica ist wunderwunderschön. Bis auf die Hauptstraßen zieht sich alles an Berghängen durch, weshalb der Großteil der Stadt nur über Treppen erreichbar ist. Dadurch gibt es dort keine Autos und fühlt sich an wie Venedig, nur ohne die Flüsse. All die kleinen Gassen sehen aus, als würde der Hauptcharakter eines ARD-/ZDF-Schnulzenfilms um die Ecke kommen und laut seufzen.

Wir sind kurz in einer der zwei größten Kirchen Modicas, die Chiesa Di San Pietro gegangen und promt in einer Hochzeitszeremonie gelandet. Also sind wir, bevor ich viel von der Kirchenkunst sehen konnte, rausgegangen.

Gleich gegenüber waren wir im ältesten Schokoladenladen der Stadt. Im Gegensatz zum Berliner „Fassbender und Rausch“ darf man dort übrigens Schokolade probieren, bis einem schlecht wird (oder die Schüsselchen leer sind). Neben dem Eingang zum Laden gibt es eine große Treppe, auf der Kissen liegen. Dort sitzen dann die Gäste und trinken heiße Schokolade oder essen gleich die ganze Tafel.

Viele Häuser in Modica sind aus grob in Quader geschlagenem Fels gebaut. Einige sind sogar direkt in den Fels geschlagen! Diese „Grottos“ waren früher die Behausungen der Armen, die sich keine Häuser leisten konnten. Heute sind sie sehr teuer, weil sie einen so speziellen Charme haben. Mit den Grottos ist es ein bisschen, wie mit den Hobbithäusern: Es klingt feucht und kalt, aber in Wahrheit ist es total gemütlich.

Leider habe ich nicht wirklich Fotos zu zeigen, weil ich so beeindruckt von allem war, dass ich ganz vergessen habe, dass ich ja jetzt stolze Besitzerin eines fotografierfähigen Mobilfunkgerätes bin. Nur für eins habe ich daran gedacht, mein Handy zu zücken:

Das ist alles, was ich bisher an Fotos vorzuweisen habe, da ich einfach nicht daran denke, mein Handy rauszuholen und Fotos zu machen...

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